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Nr. 128: Zinsabschlagssteuer führt nicht zu Mehreinnahmen in Bund, Land und Kommune

17. Dezember 2002

"Die Zinsabschlagsteuer führt gemessen an der bisherigen Regelung im Rahmen der Einkommensteuer zur höchsten Entlastung bei Einkommensteuerpflichtigen mit dem Spitzensatz. Sie bildet also keinen Ersatz, sondern steht im Widerspruch zur Vermögensteuer," kommentiert Peter Vorsteher, bündnisGRÜNER Fraktionssprecher und Mitglied im Finanzausschuss der Stadt Wuppertal, den am Wochenende zwischen Ministerpräsidenten und Bundeskanzler ausgehandelten Kompromiss im parteiinternen Streit der SPD rund um die Forderung zur Einführung der Vermögenssteuer.

"Eines steht bereits jetzt fest: Die mit der Vermögensteuer gemäß dem Vorschlag der Länder Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen angestrebten Einnahmen in Höhe von etwa vier Milliarden Euro pro Jahr wird die geplante Abgeltungsteuer niemals einbringen. Im Gegenteil: Wenn es nicht gelingt, im Ausland angelegtes Kapital wieder zurückzulocken, sinken die öffentlichen Einnahmen. Am Ende wird die Verteilung der Steuerlast noch ungerechter. Erfahrungsgemäß bezahlen die Kommunen als letztes Glied in der Kette des bundesdeutschen Föderalismus die Zeche."

Deshalb fordern die Grünen im Rat der Stadt Wuppertal die Bundestagsabgeordneten von CDU und SPD aus der bergischen Region auf, gemeinsam und hörbar für die Interessen der Städte Wuppertal, Solingen und Remscheid einzutreten.

Peter Vorsteher abschließend: "Im Interesse der vor dem finanziellen Kollaps stehenden Kommunen muss aus unserer Sicht dringend bei der Zinsabschlagssteuer nachgearbeitet und vehement für eine Abschaffung der gewerbesteuerlichen Organschaft eingetreten werden. Uns reicht der Hinweis nicht aus, dass in 2004 eine umfassende Gemeindefinanzreform umgesetzt werden soll, von der wir bis heute nicht wissen, welche Entlastungen und welche zusätzlichen Einnahmen sie den Städten und Gemeinden bringen wird."

Hintergrund:

Im Streit über die Wiederbelebung der Vermögensteuer hat Bundeskanzler Gerhard Schröder den Vorschlag eingebracht, die Zinseinnahmen unter Berücksichtigung der Freigrenzen mit einem pauschalen Steuersatz von möglicherweise 25 Prozent zu belegen. Die Einführung dieser Abgeltungsteuer auf Zinseinkünfte kann jedoch die Vermögensteuer nicht ersetzen.

Derzeit werden die Zinseinnahmen wie Lohn- und Gehaltseinkommen im Rahmen der Einkommensteuer besteuert. Hier gilt das Prinzip der synthetischen Einkommensbesteuerung. Beim dafür vorgesehenen Einzugsverfahren wird ein Abschlag von prinzipiell 30 Prozent, der von den Banken automatisch auf die Zinseinkünfte über den Freibetrag hinaus erhoben wird, sicher gestellt. Wie schon der Name Abschlag sagt, geschieht die endgültige Besteuerung bei der individuellen Veranlagung zur Einkommensteuer. Zinseinkünfte von Einkommensbeziehern, die dem Spitzensteuersatz unterliegen, werden derzeit mit 48,5 Prozent besteuert – von 2005 an werden noch 42 Prozent fällig. Durch die Einführung der Abgeltungsteuer würde künftig die derzeitige Grenzsteuerbelastung von 48,5 auf 25 Prozent verringert. Bezieher von Zinseinkünften auf Geldvermögen werden also um 23,5 Prozentpunkte entlastet.

Dieser Entlastungssprung steht im totalen Widerspruch zur Vermögensteuer und entpuppt sich als soziale ungerecht auch darin, dass die Einkommensteuerpflichtigen, die unterhalb des Abgeltungssatzes von 25 Prozent liegen, bis zum Eingangsteuersatz von 19,9 Prozent – von 2005 an gelten 17 Prozent – mit einer Erhöhung der Besteuerung ihrer Zinseinnahmen zu rechnen haben.

Unter den derzeitigen Verhältnissen führt die Einführung der Abgeltungsteuer zu anteiligen Einnahmeverlusten beim Bund, bei den Ländern (sie erhalten von den über den Zinsabschlag hinausgehenden Einkünften wie bei der Einkommensteuer jeweils 42,5 Prozent) und bei den Kommunen (15 Prozent).

Die Hoffnung auf zusätzliche Einnahmen wird lediglich konstruiert. Es wird darauf gesetzt, dass wegen der Abgeltungsteuer im Ausland angelegtes Geldvermögen nach Deutschland zurückkehren wird. Dies soll durch eine Amnestie für bisherige Steuerhinterzieher unterstützt werden. Um jedoch zusätzliche Steuereinnahmen zu erzielen, müssten die Einkünfte aus der Besteuerung des in die Bundesrepublik zurücktransferierten Geldkapitals höher als die Verluste durch die Abgeltungsteuer im Vergleich zur bisherigen Regelung sein. Damit ist jedoch nicht zu rechnen, denn für die Allokation von Geldkapital sind nicht nur die unterschiedlichen Steuerregelungen entscheidend. In Luxemburg z.B. werden Zinseinkünfte immer noch nicht besteuert. Warum soll ein deutscher Anleger in Luxemburg sein Geldvermögen in die Bundesrepublik zurückbringen, wenn er damit auf den deutlichen Vorteil in dem Nachbarland verzichten und 25 Prozent Abgeltungsteuer zahlen muss? Dies wäre nur zu verhindern, wenn das Bankgeheimnis (Paragraf 30 a der Abgabenordnung) durch Kontrollmitteilungen ersetzt würde. Damit ist jedoch nicht zu rechnen.