Nr. 72: Tarifeinigung für Kita-Beschäftigte: Planungssicherheit für Eltern, aber hoher Preis für Wuppertal
"Es ist gut, dass sich die Tarifparteien vor Beginn des neuen Kita-Jahres geeinigt haben. So können die Eltern die Betreuung ihrer Kinder wieder verlässlich planen. Ich halte es für richtig und wichtig, dass mit der Einigung im Tarifstreit der Beruf von Erzieherinnen und Erziehern in ersten Ansätzen aufgewertet und der Gesundheitsschutz verbessert wird. Das entspricht auch der wachsenden gesellschaftlichen Bedeutung von Kinderbetreuung und Bildung für die Kleinsten.
Insgesamt aber ist das Verhandlungsergebnis aus der Sicht der ErzieherInnen, besonders aber der Kinder und Eltern in den Tageseinrichtungen als halb gar anzusehen. Die Reallohnsteigerungen belaufen sich auf ca. 10% für ErzieherInnen. Das wird sich im monatlichen Geldbeutel jeder einzelnen merklich auswirken, entspricht aber auch im Ausbildungsberuf und in der gesellschaftlichen Anerkennung nicht dem, was wir unter Aufwertung verstanden hätten. Und auch mit dem Gesundheitsschutz ist noch nicht das erreicht, was umzusetzen nötig gewesen wäre. Zwar haben ErzieherInnen jetzt einen individuellen Anspruch auf eine Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes. Letztlich entscheidet aber der Arbeitgeber über die aus der Beurteilung zu folgernden Konsequenzen. Es obliegt nun den Tarifparteien vor Ort dem Tarifwerk zunächst einmal Leben einzuhauchen.
Wir hätten uns gewünscht, dass die Gruppengrößen in den einzelnen Einrichtungen den Bedürfnissen der Kinder und ErzieherInnen gemäß verkleinert worden wären; das hätte aus unsere Sicht eine echte Verbesserung beim Gesundheitsschutz bewirkt und eine qualitative Aufwertung von Erziehung und Bildung der Kinder bedeutet.
Die Tarifeinigung hat außerdem einen hohen Preis. Sie trifft Wuppertal in besonderem Maße, zumal wir derzeit mit deutlichen Steuerrückgängen und steigenden Sozialausgaben infolge der Finanz- und Wirtschaftkrise zu kämpfen haben. Die Vereinbarungen für die Beschäftigten in den kommunalen Kindertagesstätten und Sozialeinrichtungen werden nach unserer Schätzung neue Haushaltslöcher mit einer Gesamtsumme von zunächst ca. 750.000 Euro jährlich reißen. Auf eine genaue Zahl und über die Tatsache, ob die Stadt die Kosten aus eigenen Mitteln oder doch nur auf dem Rücken der Eltern durch Beitragserhöhungen refinanzieren wird, konnte oder wollte die Verwaltungsspitze bisher keine einheitliche Antwort geben. Überdies ist aus unserer Sicht damit zu rechnen, dass in der Folge auch die tariflichen Kosten der freigemeinnützigen Kita-Träger steigen, die wiederum zu einem Teil aus kommunalen Kassen refinanziert werden. Über diese mittelbaren Kosten hinaus sind auch die Zusatzkosten im Bereich der sozialen Dienste bisher nicht kalkuliert worden."