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Nr. 34: OB-Spendenskandal „

22. April 2002

Im Interesse der Stadt Wuppertal, der Handlungsfähigkeit ihrer Verwaltung und zum Zwecke der Wiedererlangung verloren gegangenen Vertrauens der Bevölkerung in ihre politische Vertretung unterstützen Ratsfraktion und Kreisverband Bündnis 90/DIE GRÜNEN die Einleitung des Abwahlverfahrens im Hinblick auf den Oberbürgermeister Dr. Kremendahl.

Die GRÜNE Fraktion hat in ihrer gestrigen Fraktionssitzung nach langer und intensiver Diskussion gemeinsam mit dem Kreisvorstand beschlossen, dass die WuppertalerInnen selbst entscheiden sollen, ob sie dem Oberbürgermeister Dr. Kremendahl das Vertrauen aussprechen wollen oder ob sie der Auffassung sind, dass das Amt des Oberbürgermeisters durch die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Dr. Kremendahl so sehr geschädigt ist, dass nur eine Abwahl des amtierenden OB die Voraussetzung dafür ist, einen Neuanfang zu ermöglichen.

Bündnis 90/DIE GRÜNEN halten dies für erforderlich, da unseres Erachtens eine zeitlich nicht absehbare Fortdauer des derzeitigen unhaltbaren Schwebezustandes der Stadt Wuppertal weiteren Schaden zufügen würde.

Ratsfraktion und Kreisverband Bündnis 90/DIE GRÜNEN legen großen Wert auf die Feststellung, dass mit der Beteiligung an der Einleitung des formalen Abwahlverfahrens keinerlei Vorverurteilung der Person unseres OB betrieben wird. Die Vorwegnahme der Ergebnisse staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen kann, darf und wird nicht Aufgabe antragstechnischer Aktivitäten von Parteien oder Fraktionen sein, sehr wohl aber die politische Bewertung der bereits vorliegenden Informationen.

Peter Vorsteher, Fraktionssprecher: "Die Bürgerinnen und Bürger haben den Oberbürgermeister 1999 direkt gewählt und nur sie sind in der Lage, die Entscheidung zu treffen, ob er im Amt bleiben soll oder nicht. Dies entspricht den demokratischen Gegebenheiten, dies ist über die Gemeindeordnung abgedeckt und dies ist der einzige Weg, eine politische Entscheidung herbeizuführen. Darin waren sich der Kreisvorstand und die Fraktion gestern einig."

Der Kreisverbandssprecher Michael Hohagen ergänzt: "Alle demokratischen Kräfte müssen ein gemeinsames Ziel haben: Den Verdacht, Politik sei käuflich, aus der Welt zu räumen, und das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler wiederzuerlangen. Wir sind uns hierbei der Tatsache bewusst, dass keineswegs ausschließlich die SPD und der ihr angehörende OB sich Kritik an den in Rede stehenden "Kooperationsformen" gegenüber Großspendern gefallen lassen muss, sondern auch die CDU hinreichend Anlass hat, hier Aufklärungsarbeit zu leisten. Auch im Rahmen eines anzustrebenden Untersuchungsausschusses gälte es, konstruktiv an zukunftsorientierten und transparenten Strukturen in dieser Stadt zu arbeiten."

Unter den leider gegebenen Umständen halten wir eine Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt hinsichtlich der Besetzung des Amtes des Oberbürgermeisters mittlerweile für unverzichtbar.

Zur Hintergrundinformation:

500.000 DM des Großinvestors aus Wülfrath im Kommunalwahlkampf 1999 an die SPD und 125.000 DM an die CDU " und dafür wurde keine Gegenleistung erwartet?

Zweifel sind berechtigt! Handelt ein Investor, der mit vielen Aufträgen in Millionenhöhe von der Stadt bedacht wird, rein uneigennützig? Ist ein Oberbürgermeister unter diesen Umständen noch unabhängig in seinen Entscheidungen?

Im Kommunalwahlkampf überboten sich SPD und CDU in ihren Materialschlachten. Laut Presseangaben soll der SPD-Wahlkampf rund 900.000 DM gekostet haben. Die CDU butterte über 700.000 DM in ihren Wahlkampf. Bereits 1998 ging die CDU mit einer kostenintensiven Kampagne in den BürgerInnenentscheid zu den Buskaps.

Im Vergleich dazu: dem Kreisverband der Wuppertaler GRÜNEN stand 1999 ein Budget von 48.000.- DM zur Verfügung.

Die SPD und der Oberbürgermeister haben jetzt ein gewaltiges Problem: Der finanzielle Segen des "guten Menschen aus Wülfrath" entpuppt sich als Fluch für Hans Kremendahl.

Auch wenn sich herausstellen würde, dass die Staatsanwaltschaft keinerlei Beweise für eine Vorteilsnahme des Oberbürgermeisters auf den Tisch legen kann, das Vertrauen in die Politik ist schwer angeschlagen!

Viele BürgerInnen sehen die Fakten:

Oberbürgermeister Kremendahl gewährte Clees einen Rabatt in Höhe von DM 75.000.- als es um Kosten für Ersatzpflanzungen im Zuge des Bauprojektes Radenberg ging.

Ein geplantes Bauprojekt in der Katernberger Straße war den Ausschussmitgliedern von CDU und SPD zu überdimensioniert. Trotzdem stimmten sie auf Druck des Investors Clees dem Bauvorhaben zu.

Der Wicküler-Park wurde gnadenlos durchgepeitscht, ohne die starken Argumente u.a. des Einzelhandelsverbandes und der GRÜNEN Fraktion gegen ein Fachmarkt-Center an dieser Stelle zu berücksichtigen. Das Ergebnis ist bekannt, ein Geister-Objekt, aus dem sich nach und nach die Einzelhändler verabschieden.

Wie ist es weiterhin zu bewerten, dass SPD, CDU und der Oberbürgermeister sich für das von Clees geplante Factory Outlet Center am Otto-Hausmann-Ring stark machten, das durch den Einsatz der GRÜNEN Ratsfraktion, der Einzelhändler und dem Regierungspräsidenten verhindert werden konnte?

Aktuell gibt es neue Erkenntnisse zur Vergabe des Baus der Sporthalle Gathe an den Investor Clees: ein günstigeres Angebot eines norddeutschen Investors wurde weder dem Sportausschuss noch dem Rat vorgelegt.

Diese Fakten sprechen für sich. Selbst wenn alles nach Recht und Gesetz behandelt wurde, bleibt ein ganz übler Nachgeschmack.

Moralisch und politisch sind die Spenden des Herrn Clees und die städtischen Aufträge an ihn nicht zu trennen.

Aus diesem Grunde spricht sich die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN dafür aus, den Wuppertaler Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu geben, über eine Abwahl ihres Oberbürgermeisters zu entscheiden. Nur sie sind es, die ihm das Vertrauen entziehen oder aussprechen können.

Wir begrüßen in diesem Zusammenhang die Initiative u.a. der GRÜNEN Bundestagsfraktion, die zu Änderung des Parteiengesetzes geführt hat.

Auf kommunaler Ebene fordern wir die Transparenz von Ausschüssen und der Aufsichtsräte, die sich mit städtischen Vergaben befassen.