Nr. 74: Haus der Jugend in Barmen Offene Antwort an die MitarbeiterInnen des Hauses
Sollte ich in einem meiner Diskussionsbeiträge in der vergangenen Ratssitzung Sie, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses der Jugend in Barmen, „beleidigt und diskreditiert“ – wie Sie wörtlich schreiben – haben, dann möchte ich mich in aller Aufrichtigkeit dafür entschuldigen. Allerdings habe ich zu keinem Zeitpunkt auch nur mit einer Silbe Ihre Arbeit direkt angesprochen oder kritisiert.
Und sollte der Eindruck entstanden sein, dass dem „Standort Barmen und allen künftigen Nutzern schwer geschadet“ werden sollte, dann möchte ich ausdrücklich dagegen sprechen. Denn bewusst habe ich betont, dass der Standort und die Arbeit für die Nutzerinnen und Nutzer des Hauses der Jugend in Barmen zukünftig gesichert und gestärkt werden soll.
Und ausschließlich rhetorisch war mein Hinweis auf den Namen ´Ruhmeshalle´ zu verstehen: Der Sozialdezernent selbst schlug in der Ratssitzung vor, das Haus der Jugend in Barmen zukünftig „Barmer Kunsthalle“ zu nennen. Ich erwiderte, dass 1.300 bis 1.400 Besucher der Kunsthalle diese Namensgebung nicht rechtfertigen und es unter diesen Umständen vielleicht besser wäre, das Haus der Jugend wieder ´Ruhmeshalle´ zu nennen. Ich frage, zu wessen Ruhme die Halle eine bis heute nicht gesicherte Sachkosten-, Personalkosten und Investitionskosten-Refinanzierung rechtfertigt?
Ich frage Sie aber umgekehrt, von wem Ihnen diese Fehlinterpretationen vermittelt wurden und warum? In der Sache bringt uns Ihre Art der Reaktion aber keinen Deut weiter und in seiner Substanz enthält Ihr offenes Schreiben nicht viel.
Substanziell bestätigen Sie meine These, die ich in der Tat formuliert habe, dass im Haus der Jugend in Barmen keine – wie Sie wörtlich meinen – „im klassischen Sinne ´offene Jugendarbeit´“ stattfindet. Ich weiß, dass in Ihrem Haus eine Diskussion läuft, die offene Jugendarbeit am Standort und im Stadtteil wieder zu beleben. Diese Diskussion ist aber schon seit geraumer Zeit virulent und führt leider zu keinem Ergebnis. Insofern ist der Eindruck gerechtfertigt und Sie bestätigen ihn, dass die Programmstruktur in Ihrem Haus sich „nur noch in diese Richtung entwickelt“ – eine andere Richtung ist mir unbekannt und ein Konzept für ein neues Haus der Jugend bis heute nicht vorgelegt.
Deshalb findet bei Ihnen bis auf den heutigen Tag im klassischen Sinne ´Jugendkulturarbeit´ statt, die weder aus der Angebotsstruktur Wuppertals noch aus Barmen wegzudenken ist. Die aber auch mit der Entscheidung von Montag nicht in Frage gestellt wird.
Die Entscheidung von Montag bezogen auf das Haus der Jugend in Barmen aber lautet wie folgt: „Der Rat der Stadt Wuppertal beauftragt die Verwaltung, da es nicht gesichert ist, ob bzw. in welcher Höhe für das Teilprojekt ´Haus der Jugend in Barmen´ unter den gegebenen Umständen Regionale-Mittel durch das Land NRW zur Verfügung gestellt werden, eine spätere Realisierung von einzelnen Bestandteilen des Projektes aus Eigenmitteln der Stadt Wuppertal, etwa aus Mitteln des Gebäudemanagements, vorzubereiten. Ziel dieser Initiative ist eine zwar zeitlich verzögerte, aber unbedingt notwendige Realisierung des Teilprojektes sicher zu stellen.“
Lesen Sie bitte diesen Abschnitt genau und sagen Sie mir, an welcher Stelle Sie einen Beleg für Ihre These finden, dass der Rat mit seiner Entscheidung „das Haus der Jugend … aus dem Förderkatalog der Regionale 2006 zu streichen“ beabsichtigt. Und nehmen Sie bei Ihrer Lektüre den gesamten Antragstext zur Kenntnis, in dem nicht allein alle sechs öffentlich diskutierten Projekte der Regionale bestätigt werden, sondern ganz besonders der Standort des Hauses der Jugend in Barmen mit seinem Umfeld gestärkt wird. Denn die Wupperterasse in unmittelbarer Nähe des Hauses der Jugend wird als attraktiver Aufenthaltsort ausdrücklich gefördert, während die am Alten Markt als einziges Projekt im Kanon der Wuppertaler Regionale-Projekte 2006 gestrichen (sic!) wird. (s. Anlage)
Mit diesem Beschluss ist sicher gestellt, dass der Umbau des Hauses der Jugend in Barmen zeitlich gestreckt wenigstens in Teilprojekten und in einem Umfang von ca. 80% realisiert werden kann, wenn die Fördermittel des Landes für das „Regionale-Projekt Haus der Jugend“ nicht fließen sollten. Denn die Eigenmittel, ca. 80% des avisierten Umbaus, sind zweckgebunden und liegen weiterhin kommunal bereit. Nur 20% des Umbaus sollten vom Land refinanziert werden und werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht ausgezahlt, weil das Land NRW bereits deutlich zu erkennen gegeben hat, dass die Auflösung des Sanierungsstaus im Haus der Jugend in Barmen, ähnlich wie bei dem der Kulturachse Barmen namengebenden Umbau der Oper, nicht regionalefähig ist. Außerdem argumentiert das Land, dass allein die Integration von privatwirtschaftlicher Gastronomie als konzeptionelle Weiterentwicklung im Haus der Jugend ebenfalls nicht förderfähig ist. Vor diesem Hintergrund eine zwar zeitlich versetze, aber gesicherte Realisierung des Projektes ´Umbau des Hauses der Jugend in Barmen´ zu beschließen, ist richtig, wichtig und gut. Und offensichtlich – wie mir Ihr Brief und die darin enthaltene Schärfe zeigt – auch mutig.
Alle anderen Parteien haben vorgeschlagen, die Entscheidung an das Land zu geben, um sich vor Ort die Hände im Wahljahr nicht dreckig zu machen. Das wäre eine Politik gewesen, wie sie schon zu lange betrieben wird und die zu Entscheidungs- und bei Gebäuden zu Sanierungsstau geführt hat, in dessen Windschatten sich einzelne Projekte quasi von selbst erledigen.
Erlauben Sie mir noch ein aus meiner Sicht wichtiges Argument für die zeitliche Verzögerung dieses Projektes, das in seinem hohen Eigenmittelanteil ohnehin eher ein kommunales Projekt ist: Mit der zeitlichen Verzögerung einzelner Regionaleprojekte haben wir uns eine Sicherheitsrückstellung geschaffen, die wir unbedingt brauchen, wenn die sogenannte Nachschusspflicht an die WSW notwendig wird. Die unsägliche Verknüpfung zwischen Regionale und Schwebebahnfinanzierung, die zwar sachlich nicht gerechtfertigt, aber vom Regierungspräsidenten und damit der Kommunalaufsicht in die Welt gesetzt und vom Ministerpräsidenten trotz anderer Zusagen nicht zurückgezogen worden ist, darf aus unserer grünen Sicht nicht zu weitergehenden strukturellen Einschnitten im Sozial-, Jugend- und Gesundheitshaushalt der Stadt führen, wie sie von FDP und CDU im Rahmen der Haushaltsplanung 2004/05 bereits zynisch als ´globale Minderausgabe´ in Höhe von Ä 750.000,- und 1,5 Mio. beschlossen worden sind. Welche Projekte glauben Sie hätten unmittelbar ´dran denken müssen´?
Drei Fragen habe ich noch an Sie konkret:
1. Hätten Sie sich mit der gleichen Vehemenz, wie jetzt für den Umbau des Hauses der Jugend in Barmen, auch für den Umbau eines Jugendhauses eines freien Trägers aus Eigen- und Landesmitteln eingesetzt? Diesen Einsatz vermisse ich gerade zu auch in anderen Debatten und werde den Eindruck nicht los, dass es sich bei der Debatte um das Haus der Jugend in Barmen um eine ferngesteuerte Debatte handelt, die sich am Wenigsten um die Jugend schert und am Meisten um eigene Trägerinteressen.
2. Glauben Sie ernsthaft, dass die fehlende 20%-Förderung aus investiven Eigenmitteln für die Stadt ein wirkliches Problem darstellt, wenn andere städtische Jugendhäuser allein einen Energiekostenetat verschlingen, der für freie Träger nicht einmal als Betriebskostenzuschuss zur Verfügung steht?
3. Und um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, städtische und freie Trägerinteressen gegeneinander auszuspielen: Glauben Sie, dass bei Verzicht auf investive Mittel für die Kleine Höhe in Höhe von Ä 14 – 15,8 Mio. Euro in 2004/05 nicht auch noch investive Mittel für das Haus der Jugend in Barmen frei würden? Würden Sie für eine derartige Prioritätensetzung in Wuppertal, wo jeder weiß, dass die Kleine Höhe obsolet ist und keine Arbeitsplätze schaffen wird, ebenfalls derart vehement werden, wie jetzt in Ihrem Schreiben an mich?
Im Übrigen glaube ich persönlich, dass in der Tat in Wuppertal bei vielen Fragen seit geraumer Zeit Prioritäten sich quasi natürlich und ungefragt heraus gebildet haben, die ich als junger Mensch sehr in Frage stelle. An vielen Punkten braucht es Entscheidungen, manchmal auch mutige und unpopuläre, dafür aber ehrliche.
Mit diesen Hinweisen möchte ich es erst einmal belassen und würde mich freuen, wenn wir wieder zu einem direkten und sachlichen Austausch gelangen würden.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Lorenz Bahr
Stadtverordneter und OB-Kandidat der Grünen in Wuppertal
Anlage: Ratsbeschluss 19.07.2004
CDU-Fraktion im Rat der Stadt Wuppertal
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Rat der Stadt Wuppertal
Gemeinsamer Antrag
Änderungsantrag zur Drucksache VO/3244/04 –
REGIONALE 2006 – Priorisierung und Finanzierung der Projekte
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
die Fraktionen von CDU und Bündnis 90 / Die Grünen beantragen, der Rat der Stadt Wuppertal möge wie folgt beschließen:
1.
Der Rat der Stadt Wuppertal hat am 28.07.2003 aus einer Vielzahl ganz unterschiedlicher und unterschiedlich weit entwickelter Projekte sechs für Wuppertal priorisiert.
Bei den sechs priorisierten Projekten handelt es sich um:
Projekte mit besonderer Wirkung für den wirtschaftlichen Strukturwandel
· Umgestaltung Döppersberg
· Mediapark am Arrenberg
Projekte mit besonderer Wirkung für die Stärkung der Wohn- und Lebensqualität in einzelnen Stadtteilen
· Kulturachse Barmen
· Arbeiten und Wohnen in der sozialen Stadt
Projekte mit besonderer Wirkung für die Stärkung der sogenannten weichen Standortfaktoren
· Freizeitschwerpunkt Zoo/Stadion/Sambatrasse
· Freiraumprogramm Talachse
Diese Projekte und deren Priorisierung bestätigt der Rat der Stadt Wuppertal auch vor dem Hintergrund, dass einzelne Teilprojekte nicht im Präsentationsjahr 2006 realisiert sein können oder aus anderen Förderpositionen für die Regionale 2006 des Landes NRW oder der Stadt teilfinanziert werden und so aus dem Finanzierungskontext der Regionale 2006 herausgelöst werden können.
2.
Der Rat der Stadt Wuppertal beschließt folgende Projekte/Maßnahmen aus dem engeren Finanzierungszusammenhang der Regionale 2006 zunächst zu lösen:
2.1 Sambatrasse
Der Rat der Stadt Wuppertal beauftragt die Verwaltung, wegen der noch ausstehenden Finanzierungszusage des Landes NRW für das Teilprojekt Fuß- und Radweg Sambatrasse, gemeinsam mit dem Land alternative Finanzierungsmöglichkeiten zu eröffnen.
Ziel dieser Initiative ist die fristgerechte Realisierung des Teilprojektes ´Sambatrasse´ im Rahmen des Regionale-Projektes ´Freizeitschwerpunkt Zoo/Stadion´ in 2006.
2.2. Haus der Jugend
Der Rat der Stadt Wuppertal beauftragt die Verwaltung, da es nicht gesichert ist, ob bzw. in welcher Höhe für das Teilprojekt ´Haus der Jugend in Barmen´ unter den gegebenen Umständen Regionalemittel durch das Land NRW zur Verfügung gestellt werden, eine spätere Realisierung von einzelnen Bestandteilen des Projektes aus Eigenmitteln der Stadt Wuppertal, etwa aus Mitteln des Gebäudemanagements, vorzubereiten.
Ziel dieser Initiative ist eine zwar zeitlich verzögerte, aber unbedingt notwendige Realisierung des Teilprojektes sicher zu stellen.
2.3. Wupperterassen
Der Rat der Stadt Wuppertal beauftragt die Verwaltung, sich auf die Maßnahme „Wupperterassenî im Abschnitt der Kulturachse Barmen St. Etienne-Ufer beim Haus der Jugend und auf den Kern des Projektes, das städtbauliche Umfeld des Barmer Bahnhofes, des Opernhauses und des Historischen Zentrums zu konzentrieren.
2.4. Arbeiten und Wohnen in der Sozialen Stadt
Dieses Projekt zur kleinteiligen Verbesserung der Lebensqualität in einzelnen Stadtquartieren soll zu einem späteren Zeitpunkt durch andere bereits in Aussicht gestellte Fördertöpfe des Städtbauministeriums realisiert werden. Daher ist eine zusätzliche Inanspruchnahme durch Regionalefördermittel nicht zweckmäßig.
3.
Eine Abhängigkeit bzw. Verknüpfung der Regionale 2006 mit der Finanzsituation der Stadtwerke Wuppertal AG vermag der Rat nicht zu erkennen.
Die Bezirksregierung Düsseldorf hat diese Verknüpfung jedoch vorgenommen.
Daher beschließt der Rat der Stadt Wuppertal wie folgt:
3.1.
Angesichts der mehr als angespannten Haushaltslage der Stadt beauftragt der Rat der Stadt Wuppertal die Verwaltung, die Verhandlungen mit der WSW AG weiterzuführen, um die vertraglich vereinbarte Nachschusspflicht der Stadt gegenüber der WSW AG möglichst gering zu halten.
3.2.
Der Rat der Stadt Wuppertal nimmt zur Kenntnis, dass zusätzliche finanzielle Belastungen, die sich möglicherweise aus der Nachschusspflicht ergeben, durch strukturelle Maßnahmen im städtischen Haushalt kompensiert werden müssen.
3.3.
Die Verhandlungsergebnisse zwischen der Stadtverwaltung und der WSW AG sind den zuständigen Ratsgremien im 4. Quartal 2004 vorzulegen.
Die Begründung erfolgt mündlich.