Nr. 33: GRÜNE: Gleichberechtigung – nicht mehr und nicht weniger!
Zur Kritik des Landtagsabgeordneten Marcel Hafke (FDP) an der vom Landtag beschlossenen Dienstrechtsreform nimmt unsere Stadtverordnete und frauenpolitische Sprecherin Tanja Wallraf Stellung:
„Frauen stoßen nach wie vor in ihrem Berufsleben an die sogenannte „gläserne Decke“, die ihren Aufstieg in Führungspositionen oftmals verhindert. Unsere Gesellschaft verfolgt jedoch das Ziel, dass Frauen zu gleichen Teilen in der freien Wirtschaft oder aber auch bei Bundes-, Landes- oder Kommunalbehörden ihre Qualifikationen einbringen und Führungspositionen bekleiden können.
Die Landtagskoalition von SPD und GRÜNEN hat nun mit dem Beschluss der Dienstrechtsreform dafür gesorgt, dass der endlose Kriterienkatalog bei der Beförderung von Beamtinnen und Beamten entrümpelt wird und somit öfter dazu führen wird, dass Frauen davon profitieren. Bisher wurden trotz des bereits in den 1990er Jahren eingeführten Frauenförderungsgesetzes detaillierte Bewertungskriterien angewandt, die bei gleicher Qualifikation Frauen benachteiligen konnten. Wir begrüßen die Reform und sind sicher, mit dem Instrument der Frauenquote wenigsten unter der Beamtenschaft bei Einstellung und Beförderung für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Da diese Reform auf einem Gutachten des renommierten Verfassungsrechtlers und ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichtes Prof. Hans-Jürgen Papier basiert, sehen wir der Ankündigung der FDP, hiergegen vor Gericht ziehen zu wollen, gelassen entgegen.“
Marc Schulz, Fraktionsvorsitzender: „Das Timing, das der Vorsitzende der Wuppertaler FDP mit seinen Aussagen an den Tag legt, ist bemerkenswert. Während in unserer Stadt darüber diskutiert wird, warum auf der Führungsebene sowohl der Stadt als auch der städtischen Töchter kaum Frauen vertreten sind, schwingt sich die FDP jenseits jeder Realität zum Rächer der unterdrückten Männer auf. Dabei zielt die Reform der Landesregierung im Kern auf eine Selbstverständlichkeit ab: wir wollen, dass Männer und Frauen nicht nur gleichberechtigt in der Gesamtverwaltung (Frauenanteil in der Verwaltung und den städtischen Unternehmen: 58,3%), sondern auch in Führungsfunktionen vertreten sind. Die bisherigen Regelungen waren nicht wirksam genug und mussten daher präzisiert werden. Wir begrüßen das sehr und sind zuversichtlich, dass mit diesem Instrument die Frauenquote wenigsten bei den Besoldungsgruppen das 50%-Ziel erreicht. Für Wuppertal wünschen wir uns zukünftig, dass qualifizierte Frauen nicht abgeschreckt, sondern ermutigt werden, Leitungsfunktionen in der Stadt und bei den Kommunalunternehmen zu übernehmen. Hier ist noch viel Überzeugungsarbeit nötig, wie die Äußerungen der FDP belegen.“
Hintergrundinformationen:
58,3 % der Mitarbeiter in der Stadtverwaltung und bei den städtischen Eigenbetrieben waren laut Beteiligungsbericht der Stadt aus dem Jahr 2013 weiblich. Und obwohl also mehr als die Hälfte der städtischen Bediensteten weiblich sind, ist die Zahl der weiblichen Führungskräfte bis heute überschaubar: die Verwaltungsspitze besteht seit dem Ausscheiden von Frau Drevermann 2007 ausschließlich aus Männern, bei den städtischen Beteiligungen (Eigenbetriebe und Unternehmen mit einer Beteiligung der Stadt über 50%) befinden sich bei der WAW Wasser und Abwasser Wuppertal (Betriebsleiterin Almut Salentjin, bis 2015), bei der Stadthallen GmbH (Frau Asbeck) und bei den Kinder- und Jugendwohngruppen (stellv. Betriebsleiterin Frau Reinke) Frauen in einer Führungsposition. Ansonsten werden ausschließlich Männer aufgeführt.
Auch in der Politik ist Wuppertal von einer gleichberechtigten Repräsentanz noch weit entfernt. Zwar hat sich der Anteil der weiblichen Stadtverordneten nach der Kommunalwahl auf 35 Prozent erhöht, allerdings haben wir eine annähernd paritätische Besetzung noch lange nicht erreicht. Besonders auffällig wird das Missverhältnis bei der Betrachtung der Aufsichtsräte: 20 % der Sitze gehen hier an Frauen und 80 % an Männer.
Man kann also bei den städtischen Töchtern und in der Stadtspitze von einer gläsernen Decke sprechen: wenn weit mehr als die Hälfte der städtischen Belegschaft weiblich ist, aber in der Führungsposition fast ausschließlich Männer zu finden sind, ist ein Zufall ausgeschlossen.