Nr. 7: Geschäft der laufenden Verwaltung? Stadtspitze möchte mit stillschweigender Unterstützung der Großen Koalition die GPA-Forderungen erfüllen
Neben den Folgen der Finanzkrise ist die heutige katastrophale Finanzsituation der Kommunen wissentlich und wesentlich durch das Land und den Bund verschärft worden. Allein von Mitte 2005 bis Ende 2009 stiegen die kommunalen Kassenkredite in NRW um rund 70 Prozent von 10,2 auf rund 17,6 Milliarden Euro. NRW-Kommunen, schwerpunktmäßig die Kommunen im Regierungsbezirk Düsseldorf, haben damit über die Hälfte der bundesweiten Kassenkredite aufgenommen. Dies ist eine tickende Zeitbombe für die Haushalte, besonders angesichts der vermutlich zum Jahresende wieder steigenden Zinsen.
Vor diesem Hintergrund diskutieren wir hier in Wuppertal seit geraumer Zeit ein Haushaltssicherungskonzept, dass in seinem Umfang keinen Bürger unberührt lässt, sei es durch steigende Eintrittspreise im Zoo oder wegbrechende Leistungen im Bereich Jugend, Soziales und Bildung.
Die Strategie der Stadtspitze, sich vor der Kommunalwahl weg zu ducken, ist nun einer Strategie des vorauseilenden Gehorsams gewichen. Nach Vorlage eines ersten Haushaltssicherungskonzeptes mit dem Gesamtvolumen von bis zu 180 Mio jährlich sind OB Jung und Stadtdirektor Slawig nun mit einem Kürzungspapier von nunmehr 44 Mio jährlich an die Öffentlichkeit getreten, das angeblich im überwiegenden Maße allein ´Maßnahmen der laufenden Verwaltung´ umfasst. Damit erfüllen sie nicht allein vollumfänglich die letztjährigen Forderungen der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA), sondern bieten zudem ihren Mehrheitsfraktionen im Rat der Stadt an, sich vor der Landtagswahl nicht ´die Hände schmutzig machen zu müssen´. Einer politischen und gesellschaftlichen Debatte über das Sparpaket scheint so der Boden entzogen zu sein.
Dass in diesem neuerlichen Papier ausschließlich Positionen wieder zu finden sind, die bereits im HSK enthalten sind, macht das Papier nicht weniger brisant. Denn bei einzelnen Positionen handelt es sich um Pflichtaufgaben, die die Stadt einkürzen möchte, bei anderen behauptete sie in der HSK-Vorlage noch, dass über diese Position der zuständige Fachausschuss zu entscheiden habe. Nun aber geht es ganz ohne Politik oder Wohlfahrtsverbände.
Insgesamt aber ist das Vorgehen der Stadtspitze fragwürdig.
Der Zeitpunkt, sich mit allen politischen und gesellschaftlichen Gruppen zusammen zu tun und sich mit einer gemeinsamen Strategie in den Verhandlungen mit der Kommunalaufsicht etwa in der Frage der Ausbildung von jungen Erwachsenen in der Stadtverwaltung besser zu stellen, ist längst vertan. Sich aber vor der Landtagswahl hinzustellen und massive Kürzungen als Geschäft der laufenden Verwaltung zu titulieren, ist nicht redlich, zumal es sich teilweise um Maßnahmen handelt, von der die Stadtspitze bisher selbst behauptet hat, dass diese politisch zu entscheiden sind. Der Rat der Stadt Wuppertal und die Große Koalition muss das Verfahren an sich ziehen. Die Große Koalition darf sich nicht vor der Landtagswahl wegducken, so Peter Vorsteher, finanzpoltischer Sprecher der GRÜNEN Ratsfraktion.
Auch GRÜNE sind bereit, Verantwortung zu tragen. Es muss aber eine Perspektive für Wuppertal deutlich werden. Die Maßnahmen, die Wuppertalerinnen und Wuppertaler tragen, können nur gekoppelt werden an entsprechende Zusagen des Landes. Solange es derartige Zusagen des Landes nicht gibt, etwa zur Entschuldung der Kommunen, solange üben wir uns in zivilem Ungehorsam – wie es uns die Oberhausener vorgemacht haben und einst der Wuppertaler Oberbürgermeister empfohlen hat – und lehnen Einsparbeschlüsse ab. Gleichzeitig sorgen wir dafür, dass sich unsere Landespartei auf die Seite der überschuldeten Kommunen stellt. Einen entsprechenden Beschlussantrag haben wir eingebracht, der am kommenden Wochenende beschlossen wird. Wir müssen nun auf zwei Ebenen arbeiten: kommunalpolitisch und landespolitisch. Das ist kein Geschäft der weglaufenden Verwaltung und ihrer Großen Koalition, so Lorenz Bahr, Mitglied des Wuppertaler Finanzausschusses.