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Zum Investorenvorhaben am Döppersberg III

12. Februar 2015

Rede unserer Fraktionsvorsitzenden Anja Liebert in der Ratsitzung am 10.02.15

Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,Anja_Liebert_web

„Fast alle Bürgerinnen und Bürger in Wuppertal stehen dem stetig wachsenden Autoverkehr in ihrer Stadt sehr kritisch gegenüber.

Sie empfinden vor allem die Folgeerscheinungen des Autoverkehrs als belastend und wünschen sich verstärkte Aktivitäten aus dem politischen Raum, damit die Verkehrsplanung eine neue Orientierung erhält.  Hin zu einer Orientierung der schwachen Verkehrsteilnehmer und der umweltfreundlichen Verkehrsmittel.“

Dieses Zitat habe ich einer Broschüre entnommen von den Wuppertaler Stadtwerken von 1991 und ich finde, dass heute, nach vielen Jahren der Diskussion zum Thema Döppersberg ein wichtiger Schritt eingeleitet wird. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben das Projekt Döppersberg von Anfang an unterstützt. Ich selber bin seit dem Jahr 1999 an diesem Prozess beteiligt und kann mich noch daran erinnern,  wie wir bei einer Planungswerkstatt im 19. Stock der Stadtsparkasse Pläne für ein architektonisches Ensemble des Döppersberg gesehen haben. Als man damals aus der 19. Etage der Sparkasse herunterschaute sah man eine Asphaltwüste, Straßenzüge, Autos, aber keine Menschen am Döppersberg. Menschen waren nämlich in dieser autogerechten Verkehrsplanung, die es damals gab, nicht vorgesehen. Die Menschen durften unter der Erde bleiben, in der sogenannten „Harnröhre“. Die Planung damals war autogerecht und Ende der neunziger Jahre sollte für den Döppersberg eine neue Planung erstellt werden. Wir GRÜNEN haben uns von Anfang an in diesen Prozess eingebracht, haben geschaut, dass der Mensch in den Mittelpunkt dieser Planung kommt, dass es besonders eine Fläche für den Öffentlichen Personennahverkehr gibt, dass die Belange der Radfahrer*innen und Fußgänger*innen stärker berücksichtigt werden.

Letzte Woche Freitag war ich wieder in der Sparkasse in der 19. Etage, wenn auch nicht zum Thema Döppersberg. Als man sich jetzt die Pläne von da oben angeschaut hat, konnte man zumindest den Busbahnhof schon erkennen, weil die Etage für die Tiefgarage schon fertig ist. Das heißt man kann sehen, wo der neue Busbahnhof hinkommt und man kann auch erahnen, wo die B 7 tiefer gelegt wird.

Die unhaltbaren Zustände am Busbahnhof, die noch vor einem Jahr Alltag waren, haben viele anscheinend jetzt schon vergessen.

Der Döppersberg ist vor allem ein Projekt für den Öffentlichen Personennahverkehr und für bessere Bedingungen für Fußgänger*innen und Radverkehr. Bei der aktuellen Drucksache haben wir GRÜNEN allerdings starke Bauchschmerzen. CDU und SPD haben es mal wieder geschafft, aus einem positiven Projekt ein höchst umstrittenes Projekt zu machen. „Augen zu und durch“ heißt jetzt bei Ihnen die Devise.

Bei der Diskussion um die Mehrkosten wurde noch gesagt, jetzt stehen mehr Informationen und Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger im Vordergrund aber die emotionale Bindung, die viele Wuppertaler*innen an dieses Projekt hatten, die ist verloren gegangen. Und ich sehe auch bei CDU und SPD keine Begeisterung mehr für das Projekt. Die Mehrkosten wurden akzeptiert,  die B7-Sperrung mit all ihren Hindernissen wurde umgesetzt, und das Verhandlungsergebnis der Stadtspitze jetzt zu diesem Investorengebäude ist nicht, wie Herr Dr. Slawig gestern sagte: „Ein gutes Ergebnis“, sondern eher mit ausreichend zu bewerten. Es ist für einen Investor aber auch ein leichtes Spiel, mit einer innerlich zerstrittenen großen Kooperation zu arbeiten und dann natürlich seine Wünsche auch durch zu setzen.

Das Ergebnis jetzt bedeutet das SPD und gewerkschaftsnahe Menschen hier heute mit der Faust in der Tasche sitzen. Die CDU-Mitglieder haben schon von Ihrem Erzbischof Kardinal Woelky die Leviten gelesen bekommen und grüne Befürworter des Projektes können Primark als Ankermieter des Investorengebäudes eigentlich nicht akzeptieren.

Aber auch ich möchte eine Anmerkung zum Investor Primark machen. Die Firma Signature Capital baut und vermarktet – wie jeder andere Investor, der es hätte sein können – auch. Dr. Vollmerig von der Wirtschaftsförderung hat in der Bezirksvertretung Elberfeld  – wie es im Protokoll nachzulesen ist – gesagt:“ Das Gebäude wird so konzipiert, das es flexibel nutzbar ist, also wenn der Trend „Primark“ vorbei ist kann schnell umgebaut werden und es kann ein anderer Händler dort einziehen. Das Geschäft von Signature Capital ist wie bei anderen Investoren auch  – Entwickeln, Vermarkten, Veräußern. Wie zum Beispiel in Köln bei der Neumarktgalerie. 2011 übernimmt Signature Capital, investiert, verkauft  Anfang 2014 inklusive Primark das Projekt wieder an die DEKA-Gruppe, eine Fondsgesellschaft, die Ihnen vielleicht bei einem Beratungsgespräch in der Sparkasse einen hübschen offenen Immobilienfond anbietet – das kann auch bei jeder anderen Bank der Fall sein – und dann werden Sie „über Bande“ vielleicht an Primark mitverdienen. Das heißt, gerade diese Fonds, die eventuell später diese Objekte kaufen, werden Ihnen dann angeboten. Auch wenn Sie demnächst im Supermarkt Mazola-Öl kaufen oder Ovomaltine verdient die Muttergesellschaft von Primark mit daran. – Associated British Food. Das heißt, die Probleme nachhaltigen Konsums können wir nicht mit einem einfachen „Nein“ zu Primark ändern. Wir müssen Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit leisten.

Heute steht Primark im Vordergrund der Diskussion doch das Investorenprojekt macht nur einen kleinen Teil des Döppersbergs aus. Sie können Primark boykottieren, dann ist die Filiale schnell wieder geschlossen. Aber ob der nächste Textileinzelhändler besser produziert und bessere Arbeitsplätze bietet, ist offen.

Übrigens eröffnet im März in den City-Arkaden eine neue Filiale als Nachfolger von einer Kette namens „Zara“, ein osteuropäischer Anbieter „Reserved“, der hier in Deutschland expandiert und sagt:“ Wir werden hier in Deutschland Primark den Kampf ansagen mit „Fast Fashion“, einem völlig neuen Label, bei dem es darum geht, in möglichst schneller Folge billige Bekleidung zu kaufen. Ich habe heute nachgeschaut. Da können Sie die Bluse für 3,99 Euro, die Jeanshose für 9,99 Euro günstig erwerben.

Das heißt, dass Primark nur ein Anbieter ist der für viele steht und deshalb möchten wir, das über den Konsum insgesamt gesprochen wird.

Ich wünsche mir aber bei der heutigen Diskussion, auch eine Diskussion über das Thema Nachhaltigkeit und fairer Konsum und dazu gehört auch das Thema nachhaltiger Verkehr. Weg von unnötigen Autofahrten und ein deutliches Signal für den Weg zur Fahrradstadt Wuppertal.

Dafür und auch für diese Verkehrsthemen ist diese Entscheidung heute ein wichtiger Schritt. Wir stehen zu dem Projekt Döppersberg, wir können aber nicht akzeptieren, dass Primar als Ankermieter bei diesem Objekt die Hauptrolle spielen soll.

Vielen Dank.