Steuer gegen Armut
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete,
CDU und SPD stellen heute einen Antrag mit dem Titel „Steuer gegen Armut“. Wir freuen uns natürlich, dass Sie auch in dieser Sache unsere Anregungen aufnehmen und auf den Zug aufspringen, in dem die Grünen schon lange sitzen. Man könnte das auch als Guttenberg-Manier bezeichnen, denn: einen gemeinsamen Antrag – wie von uns vorgeschlagen – haben Sie abgelehnt.
Jetzt ist auch klar warum: Sie möchten nämlich die Weichen neu stellen und in eine andere Richtung fahren, indem Sie die Zweckbindung der Finanztransaktionssteuer schlicht unter den Tisch fallen lassen. Was Sie wollen ist keine Steuer gegen Armut, sondern eine Steuer zur Haushaltskonsolidierung! Und wenn dann noch ein paar Euro übrig bleiben, können die ja vielleicht in die Armutsbekämpfung fließen.
Damit konterkarieren Sie nicht nur den Titel Ihres Antrags, Sie verhöhnen damit auch die Menschen, die darauf hoffen, dass sich durch eine solche Steuer ihre Lebensverhältnisse verbessern werden! Und Sie verhöhnen alle diejenigen, die sich den Zweck des Antrags, nämlich dass das Geld zur Bekämpfung der Armut und der Folgen von Krisen eingesetzt werden soll, auf die Fahne geschrieben haben. Dazu gehören Kirchen, Gewerkschaften, Wohlfahrts- und Umweltverbände, aber auch politische Parteien.
Einen offenen Brief von Oktober 2009 haben u.a. auch der Bundesvorsitzende der SPD, Sigmar Gabriel und der Wuppertaler SPD-Bundestagsabgeordnete Manfred Zöllmer unterstützt. Darin heißt es: „Darüber hinaus würde die Steuer gleichzeitig national ein- bis zweistellige, global aber dreistellige Milliardenbeträge generieren, die zur Umsetzung der Millenniums-Entwicklungsziele sowie anderer Maßnahmen zur Entwicklung und Armutsbekämpfung verwendet werden können.“ Und zum Schluss: „Zugleich wollen wir sicherstellen, dass der Finanzsektor zur Bewältigung der Krisenfolgen beiträgt und so generierte Gelder nicht nur den Haushalten reicher Staaten zufließen.“
Lassen Sie mich kurz auf die erwähnten Millenniums-Entwicklungsziele eingehen: Im August 2005 haben Sie, Herr Oberbürgermeister, die Millenniumserklärung der Kommunen unterzeichnet. Im Herbst 2006 gab es dazu eine Ausstellung auf dem Johannes-Rau-Platz. Vielleicht erinnert sich der eine oder die andere, durch die dort aufgestellten Tore gegangen zu sein. Eins der Millenniumsziele ist, die Armut bezogen auf das Jahr 2000 bis zum Jahr 2015 zu halbieren. Heute, im Jahr 2011 haben schauen wir auf eine geteilte Bilanz: In den ersten Jahren war die Entwicklung durchaus positiv, das Ziel schien zumindest annähernd erreichbar. Seit der Finanzkrise in 2008 hat sich die Tendenz umgekehrt. Dazu kommen Naturkatastrophen, die vor allem Menschen in den ärmsten Ländern der Welt getroffen haben. Und die Bundesregierung hält nicht einmal die 0,7% – Regel ein, die auf europäischer Ebene als Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit vereinbart wurde. Deshalb möchte ich Sie bitten: Lassen Sie uns die Steuer gegen Armut einfordern – aber ohne dabei in die eigene Tasche zu wirtschaften!
Vielen Dank!