Startseite > Spielsuchtberatung aus Vergnügungssteuer finanzieren

Spielsuchtberatung aus Vergnügungssteuer finanzieren

10. September 2015

Rede unserer sozialpolischen Sprecherin Ilona Schäfer in der Ratssitzung am 07.09.15

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Ilona_Schaefer_web
sehr geehrte Stadtverordnete,
sehr geehrte (Linke),

ich kann Ihnen sagen, dass wir die Intention Ihres Antrages voll unterstützen!

Aber wenn Sie mal ein wenig recherchiert hätten, dann hätten Sie sicher herausgefunden, dass Ihr Ansinnen nicht neu ist. Im Sozialausschuss am 4.12.2014 haben nämlich FDP und Grüne gemeinsam einen Antrag gestellt, die Spielsuchtberatung in Wuppertal auszuweiten. In der gleichen Sitzung wurden wir dann darüber informiert, dass es zunächst einmal darum gehen muss, das bisherige Angebot aufrecht zu erhalten. Die Finanzierung der Fachstelle für Glücksspielsucht sei nämlich nicht mehr gesichert.

In der darauffolgenden Sitzung am 18.2. dieses Jahres bekamen wir dann einen sehr engagierten und aufschlussreichen Bericht der Caritas, der mit Fallzahlen und Fallbeispielen die Notwendigkeit eines solchen Angebots verdeutlichte. Das haben auch alle Mitglieder des Sozialausschusses anerkannt. Unser Antrag wurde trotzdem von SPD und CDU abgelehnt. Statt dessen wurde die Verwaltung beauftragt, nach Finanzierungsmöglichkeiten zu suchen. Damit war klar, wohin der Hase läuft: nämlich Kannibalismus im Sozialbereich! Zuschüsse zur Spielsuchtberatung gibt es nur auf Kosten anderer Aufgaben im Sozialbereich.

Eine entsprechende Vorlage dazu für die April-Sitzung wurde dann von der Tagesordnung genommen, weil es verwaltungsintern noch Abstimmungsbedarf gab. Das spricht Bände und seit dem herrscht Schweigen im Walde…

Deshalb bin der Fraktion der Linken auch dankbar, dass sie diese wichtige Thema noch einmal aufgreift. Denn die Zahlen sprechen für sich: etwa 2000 bis 3500 Personen waren 2012 in Wuppertal pathologisch spielsüchtig. Doch wenn man die Zahl der Betroffenen betrachten möchte, dann kann man eher von 10.000 bis 12.000 Menschen ausgehen, denn in der Regel bekommt das direkte Umfeld eines Spielsüchtigen die Auswirkungen direkt zu spüren. Das sind Verschuldung, Rückzug aus sozialen Kontakten und  Ausfälle am Arbeitsplatz. Insbesondere in der Familie kommt es oft zu einer sogenannten Co-Abhängigkeit aus falsch verstandener Solidarität mit dem Süchtigen.

Wenn man die Zahl von mehr als 23 Mio. € hinzu nimmt, die 2012 in Wuppertal verspielt wurden, müsste jedem auch der volkswirtschaftliche Schaden, der daraus entsteht, klar werden. Und dabei werden nur die Automatenspiele betrachtet, Verluste aus Computerspielen sind da noch nicht eingerechnet.

In Wuppertal hat sich weder durch die städtebaulichen Restriktionen noch durch die Erhöhung der Vergnügungssteuer auf 20% die Anzahl der Spielhallen und Automaten reduziert. Das zeigt, dass diese Methoden nicht die erhoffte Wirkung hatten. Deshalb appelliere ich an Sie, sehr geehrte Stadtverordnete, die Beratungs- und Präventionsangebote im Bereich Spielsucht sicherzustellen und nach Möglichkeit auszuweiten. Wir können und sollten hier Prioritäten setzen!

Abschließen möchte ich mit einem Zitat aus den Fallbeispielen der Caritas:

„Durch die Spielfreiheit hatte Herr Ö. spürbar mehr Geld und Zeit für die Familie. Er übernahm wieder Verantwortung als Vater, Ehemann und Sohn und erhielt diesbezüglich von seinen Angehörigen eine positive Rückmeldung. Auch konnte die Familie es sich nach über acht Jahren erstmals wieder leisten, Verwandte in der Türkei zu besuchen.“

Das sollten wir möglichst vielen Betroffenen ermöglichen!

Danke!