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Schulvielfalt erhalten – Unsere Argumente gegen einen Antrag der FDP-Fraktion

13. Juli 2017

Rede unseres Fraktionsvorsitzenden Marc Schulz in der Ratssitzung am Marc_Schulz_quer_web10.07.2017

Meine Damen und Herren,

nach der Landtagswahl in NRW stellt die FDP nun das Schulministerium. Als GRÜNER weiß ich gar nicht, ob man dazu gratulieren sollte oder nicht, aber ich gratuliere einfach mal ganz ironiefrei zum guten Wahlergebnis, und jetzt kommt sozusagen die Arbeit.

Vor der Wahl erklärte die FDP, sie wolle für NRW „die weltbeste Bildung“, darunter geht´s nicht, die weltbeste Bildung. Dazu lautet eine der Kernmaßnahmen:

„Talent-Schulen überwinden soziale Nachteile. Wir wollen dreißig exzellente Top-Gymnasien mit modernster Pädagogik und bester Ausstattung dahin bringen, wo sie am Dringendsten benötigt werden und maximalen Effekt erzielen: In kinderreiche Stadtteile mit den größten sozialen Herausforderungen“

Klingt gut, gar keine Frage, spannend. Ich würde es nur umbenennen, ich würde diese Schulen Gesamtschulen nennen.

Ich möchte hierzu gerne aus der Laudatio für den deutschen Schulpreis, den die Geamtschule Barmen 2015 erhielt, zitieren:

„Die Gesamtschule Barmen ist eine Insel mitten in einem sozialen Brennpunkt. Etwas mehr als die Hälfte ihrer Schüler wächst mit nur einem Elternteil auf, ein Drittel hat einen Migrationshintergrund. In den fünften Klassen hat schon fast die Hälfte aller Kinder ausländische Wurzeln. Die Begabungen der Kinder sind sehr unterschiedlich. Doch den Lehrern gelingt es, ihre Schüler zu besseren Leistungen zu führen als von der Grundschule am Ende der vierten Klasse prognostiziert:

Rund 60 Prozent der Jugendlichen wechseln in die Oberstufe, obwohl nur 17 Prozent der Schüler mit einer Gymnasialempfehlung gestartet waren. Seit Jahren hat kein Schüler mehr die Schule ohne einen Abschluss verlassen.“

Das gleiche gilt für die ELSE, die in diesem Jahr ja ebenfalls ins Finale um den deutschen Schulpreis kam, und für die anderen vier Gesamtschulen in Wuppertal: hier werden Kinder unabhängig von ihrem Elternhaus gefördert und zu dem für sie besten Schulabschluss geführt. DAS sind wahre Talentschulen.

Und die Eltern haben das erkannt: von den 2.789 Kindern, die in diesem Jahr an Wuppertaler weiterführenden Schulen angemeldet wurden, wollten 1.295 (also fast die Hälfte!) auf eine der sechs Gesamtschule gehen, aber nur 942 Kinder konnten einen Platz an der Schule ihrer Wahl erhalten.. Das bedeutet, dass über 350 Schülerinnen und Schüler – und damit noch mehr als im Vorjahr – abgelehnt wurden.

Das, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der FDP, ist der Elternwillen. Das Schulgesetz NRW schreibt vor, dass wir bei der Schulentwicklungsplanung den Willen der Eltern zu berücksichtigen müssen. Ihr Antrag fordert genau das Gegenteil. Das hat mit Freiheit im Sinne von einer Wahlfreiheit der Eltern und der Schüler*innen überhaupt nichts zu tun. Sie wollen den Eltern vorschreiben, auf welche Schule ihre Kinder gehen sollen Das kann man so machen, aber dann sollte man den anderen in der Debatte nicht permanent ideologische Motive unterstellen. Sie kommen mir manchmal vor, wie der Geisterfahrer, der auf die Radiomeldung, auf seiner Autobahn sei ein Geisterfahrer unterwegs, antwortet mit: „Einer? Hunderte!“.

Sie sagen, wir würden mit der Diskussion um eine weitere Gesamtschule bewusst Ängste bei den Eltern schüren, dabei kommen die Horrormeldungen um angeblichen Schulschließungen von Gymnasien wie auch gerade in der Debatte immer nur von ihnen. Und die Eltern der über 350 Kinder, die keinen Platz an ihrer Wunschschule erhielten, sind ihnen vollkommen egal.

Es geht Ihnen nur darum, irgendwelche Horrormeldungen in die Welt zu setzen. Wir wollen die Vielfalt unserer Schullandschaft erhalten und gleichzeitig an die Realität anpassen, anstatt einen Status quo zu konservieren, der dem realen Wunsch der Schülerinnen und Schüler und ihrer Eltern nicht mehr angemessen Rechnung trägt. Deshalb werden wir ihren Antrag selbstverständlich ablehnen.

Vielen Dank.