Rundbogenfenster am Hauptbahnhof?
Rede unseres Stadtverordneten Klaus Lüdemann in der Sitzung des Rates am 07.03.2016
Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,
„In Zeiten einer Flexibilisierung, die viele zu entwurzeln droht, schafft Denkmalpflege Heimat, sie schafft Verbundenheit und Identität. (…). Denkmalpflege öffnet die Augen für das Erbe und das Unverwechselbare unserer Kultur.“
Die Worte stammen von Johannes Rau 2003.
Ich denke, Johannes Rau würde sich – wenn er noch leben würde – für eine Rekonstruktion des Bahnhofsgebäudes unter Zugrundelegung des Stiches von 1848 und des Fotos von 1866 aussprechen.
Meine Damen und Herren,
das klassizistische Bahnhofsgebäude von 1848 ist ein architekturhistorisches Juwel von herausragender Bedeutung und ein Zeugnis für die Wirtschaftsgeschichte der Stadt. Der Bahnhof ist der älteste noch genutzte Großstadtbahnhof in Deutschland, dessen ursprüngliche Architektur zum großen Teil noch erhalten ist.
Es wurde zu einer Zeit gebaut, als die Eisenbahn als Fortschrittsmotor des 19. Jahrhunderts noch im Aufbau war und es unterstrich durch seine klassizistische Gestaltung die Bedeutung des Transportmittels Eisenbahn.
Er stand nicht isoliert am Döppersberg. 1860 kam das Direktionsgebäude der damaligen Bergisch-Märkischen Eisenbahn hinzu und fast gleichzeitig das Dürer-Haus, ursprünglich eine Schule, später auch von der Bahn für das Eisenbahnsozialwerk genutzt. 1968 befand sich dort die Kantine für die damals über 1000 Eisenbahner in Elberfeld. Ich kann das mit Sicherheit sagen, weil ich 1968 dort mit meinem Vater, einem Lokomotivführer, gegessen habe. Heute befindet sich in diesem Gebäude das Wuppertal-Institut.
Meine Damen und Herren,
die Zielsetzung, das ursprüngliche Aussehen des Empfangsgebäudes von 1848 möglichst weitgehend wiederherzustellen geht über die Frage von runden und eckigen Fenstern hinaus. Die Lüftungsschlitze unter den eckigen Fenstern der 1, Etage müssen verschwinden. Das Eingangsportal (Säulenhalle) soll in der historischen Breite rekonstruiert werden. Zierbögen und Gesimsbänder sollen wiederhergestellt werden. Als Vorlage für die Gestaltung soll das Foto von 1866 dienen. .
Meine Damen und Herren,
es geht nicht allein um rund oder eckig, es geht darum, wie sorgsam wir mit der historischen Bausubstanz in unserer Stadt umgehen.
Kommen wir zu den Argumenten der Gegner einer historischen Gestaltung, die das Gebäude mit eckigen Fenstern in eine Form bringen wollen, die es historisch nie gab.
Da wird mit Mehrkosten von einigen hunderttausend Euro und einer Verzögerung von mehreren Monaten argumentiert.
Meine Damen und Herren,
über Kosten und Verzögerungen gibt es unterschiedliche Zahlen. Tatsache ist, dass die Verwaltung die Daten nicht ermittelt hat. Siehe die Antwort auf unsere Anfrage in der PBK Döppersberg. Die Verträge mit der Bahn lassen vieles offen. Die Bahn hat sich auch nicht gegen runde Fenster ausgesprochen. Sie will nur nicht mehr bezahlen.
Die Fassade muss insgesamt überarbeitet werden. Die jetzt eingebauten Stahlträger müssen sowieso entfernt werden, weil die Oberkannte der Fenster gegenüber dem jetzigen Zustand angehoben werden muss. Sonst haben Sie in dem Gebäude bald im Erdgeschoss Puppenhaus- Fensterchen, da ja das Niveau des Bodens des oberen Platzes mehrere Meter höher liegt als 1848.
Statt der Stahlträger können für runde Fenster Rundbögen aus Beton eingesetzt werden. Auch auf den Schmalseiten des Gebäudes sollen die historischen Rundbogenfenster wiederhergestellt werden.
Wir wollen keine wesentlichen Verzögerungen durch den Einbau von Rundbogenfensterns und möchten unseren Antrag in diesem Sinne erweitern.
Die Initiative um Herrn Baltzer, die uns dankenswerterweise seit Monaten mit historischen Ansichten der Gebäude versorgt, hat sich bereit erklärt, für eventuelle Mehrkosten Spenden zu sammeln und schätzt die Mehrkosten auf 300000 €.
Die Bezirksvertretung Elberfeld und – nach der Freilegung von Originalrundbögen im Erdgeschoss – auch die Untere und Obere Denkmalbehörde stimmen einer weitgehenden Rekonstruktion nach historischem Vorbild zu.
Auf der Titelseite des Wegweisers der Stadt Wuppertal, eine Verlagssonderbeilage der Westdeutschen Zeitung aus 2011, sind natürlich runde Fenster dargestellt.
Meine Damen und Herren,
wenn ich an den Döppersberg denke, habe ich ein Bild vor meinen Augen, dass ich – wenn alles fertig ist – auf den Treppen des Direktionsgebäudes stehe und hinüber zum Empfangsgebäude schaue, das mit seinen runden Fenstern an die glorreiche Geschichte der Eisenbahn in Elberfeld erinnert. Mein Blick schweift weiter zum Dürer-Haus, das auch an die Bahn erinnert, das aber auch für Veränderung und Nachhaltigkeit steht. Am Direktionsgebäude sollte auf einer Tafel auf die historische Verbindung der drei Gebäude am Döppersberg hingewiesen werden.
Schließen möchte ich mit einem Satz von Jens Österreich, Chef der Grundbesitzgesellschaft Lennéplatz in Dresden : „Die Welt ist nicht eckig. Die Welt ist rund“. Dresden bekommt ein Wahrzeichen zurück: Das weltweit erste Kugelhaus soll am Lennéplatz neu entstehen. Das 1928 für die Ausstellung „Technische Stadt“ gebaute Original galt den Nazis als entartet und wurde 1938 abgerissen.
Ich bitte um Zustimmung zu unserem Ergänzungsantrag.
Vielen Dank.