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Kürzungen beim ÖPNV

20. September 2012

Reden von unseren Stadtverordneten Anja Liebert und Bettina Brücher in der Sitzung des Rates am 17.9.2012 zu  TOP 11.6: Leistungsanpassung im ÖPNV-Angebot der WSW mobil GmbH

Anja Liebert:

Vielen Dank Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren,

wir haben vorhin im Verkehrsausschuss einvernehmlich beschlossen, dass wir über den GRÜNEN Antrag Zukünftige Mobilitätskonzept ausführlich beraten werden. GRÜNE fordern darin z.B. die Förderung des multimodalen Verkehrs, das heißt, es soll nicht mehr nur ein Verkehrsmittel genutzt werden, sondern verschiedene, kombinierte Verkehrsmittel.

Es geht natürlich für uns GRÜNE auch darum, den Umweltverbund zu stärken.

Und natürlich geht es um die Frage, wie dieses Modell finanziert werden kann. In diesem Zusammenhang spielt die Parkraumbewirtschaftung für uns eine wichtige Rolle.

Ich möchte jetzt aber trotzdem auf die Leistungsanpassungen im ÖPNV zu sprechen kommen, die wir hier jetzt als Drucksache vorliegen haben.

Interessant ist, dass der Demografiecheck bei dieser Vorlage positiv bewertet wird. Das ist schon sehr erstaunlich, denn bei diesem Demografiecheck werden drei Punkte im Kern negativ aufgeführt, und das sind

–        erstens die Möglichkeiten einer selbstbestimmten Lebensführung bis in das hohe Alter,

–        zweitens die Entstehung guter Wohn- und Lebensbedingungen für Familien und junge Menschen und

–        drittens die Verbesserung von Image und Identifikation.

Bei diesen drei Kernpunkten, die diese Stadt nach vorne bringen sollen, wirken sich die Kürzungen des ÖPNV also negativ aus.

Dem gegenüber steht nur ein einziger positiver Punkt, nämlich der Rückbau städtischer Infrastrukturen. Das gemeinsam hat seltsamerweise dazu geführt, dass die Verwaltung diese Drucksache als positiv für den demografischen Wandel bewertet.

Das können wir so natürlich nicht nachvollziehen.

Wir möchten, dass jetzt, in den Vorplanungen zu einem neuen Nahverkehrsplan, auch grundlegende Überlegungen zum Umbau der Stadtstruktur mit eingehen.

Wir haben vor ganz zwei Jahren gemeinsam ein Handlungskonzept beschlossen mit dem Titel „Demografischer Wandel“. Darin steht deutlich geschrieben: die WSW und die Stadt möchten den ÖPNV-Anteil halten bzw. noch verbessern mit dem zentralen Ziel, dass vor allem ältere Bevölkerungsgruppen vermehrt den ÖPNV nutzen. Das kann man natürlich nicht, indem man das Angebot einschränkt. Zielgruppenorientiertes Marketing ist im Handlungsprogramm ein weiterer Faktor, um zusätzliche Kunden und Kundinnen zu gewinnen.

Es gibt mittlerweile ein geändertes Mobilitätsverhalten. Viele junge Menschen wollen nicht mehr zwangsläufig sofort ein Auto haben, wenn sie 18 Jahre alt sind, sondern mittlerweile stehen bei ihnen andere Wünsche im Vordergrund. Da ist z.B. das Handy, das ja hier auch in der Ratssitzung mit Facebook und Co. heute eifrig genutzt wurde, quasi als Ersatz für eine CDU-Fraktionssitzung. Das heißt: auch für sie als neue Nutzerinnen und Nutzer des ÖPNV müssen wir das Nahverkehrsangebot aufrechterhalten und verbessern.

Sie wollen heute beschließen, obwohl die Beratungen noch nicht abgeschlossen sind. Die Diskussionen in den Bezirksvertretungen haben gezeigt, dass es kein eindeutiges Votum für diese Umstrukturierungen gibt.

Es gibt vor Ort auch über Parteigrenzen hinweg Unmut und Widerstand gegen dieses Konzept. Dennoch werden natürlich heute SPD und CDU in gewohnter Manier beschließen, egal, ob es weiteren Diskussionsbedarf gibt.

Der Rat der Stadt gibt den Rahmen für die Angebotsstruktur der WSW mobil vor. Das heißt, wir haben hier echte Gestaltungsmöglichkeiten. Wir GRÜNEN stehen für einen zukunftsfähigen und leistungsfähigen ÖPNV und lehnen daher die vorgelegten Änderungen ab.

Eine Ausdünnung und Streichung von CE-Linien, also den schnellen Verbindungen, führt zu einer deutlichen Verschlechterung beim Komfort. Die Umstellung in Vohwinkel von einem 20- auf einen 30-Minuten-Takt als Standard verschlechtert gerade in diesem Stadtteil das Angebot deutlich. Gerade hier, in der Nähe zu Düsseldorf, wird Vohwinkel immer als attraktiver Wohnstandort angepriesen. Sollen dort die jungen Familien demnächst einziehen, die sich mindestens zwei Autos leisten können?

Also, für uns GRÜNE das heißt zusammenfassend:

Den Bezirksvertretungen vor Ort fehlen detaillierte Planungen, um diese Leistungsanpassungen beurteilen zu können, das ist in den BVen Vohwinkel und Uellendahl-Katernberg deutlich geworden. Wir halten diese Anpassung für ein falsches Signal und lehnen von daher die vorgelegte Drucksache ab.

Vielen Dank.

 

Bettina Brücher:

Vielen Dank Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren,

ich möchte noch einmal kurz auf die Wortbeiträge von Herrn Dr. Slawig, Herrn Reese und auch Herrn Müller eingehen.

Es wird hier so schön von Optimierung des ÖPNV gesprochen, dabei ist es ja eigentlich nur eine Kürzung des Leistungsangebotes. Es ist keine Optimierung, sondern eine Verschlechterung des Angebotes. Das ist nun einmal Tatsache.

Und Sie begründen das auch oder Sie rechtfertigen das mit einer Aussage, dass Sie 2 Millionen Euro an Einsparungen erzielen wollen, sagen aber auch gleichzeitig, dass diese 2 Millionen Euro Einsparungen nicht erzielt werden können, da auch 500.000 Euro an Verlusten entstehen werden. Diese Verluste bedeuten nichts anderes, als dass Fahrgäste das ÖPNV-Angebot nicht mehr annehmen, sie werden umsteigen, wahrscheinlich aufs Auto. Das ist erst einmal die eine Sache.

Einen Leistungseinbruch wird es geben. Es wird hier mantraartig erzählt seit zwei Wochen, es betrifft nur 5 Prozent der Fahrgäste oder 10 Prozent des Angebotes, aber auch da steckt Brisanz drin. Und wenn es heißt, nur Null bis vier Fahrgäste pro Bus werden davon betroffen sein, dann ist das der Durchschnittswert. Es wird trotzdem einen Leistungseinbruch geben.Es ist eine Kürzung und es spricht nicht für Ideenreichtum in der Stadt, nicht einmal zu gucken, wie könnten wir das denn ohne Kürzungen im ÖPNV schaffen?

Im Gegenteil: wie können wir den ÖPNV so attraktiv machen, dass viel mehr Menschen auf Bus und Bahn umsteigen, denn das ist das eigentliche Ziel. Alle renommierten wissenschaftlichen Einrichtungen, sei es das Wuppertal-Institut oder Universitäten, alle, die sich mit diesem Bereich beschäftigen fordern einen Ausbau des ÖPNV und fordern, dass der Umstieg vom Auto auf Bus oder Bahn oder auf das Fahrrad natürlich auch oder auf das zu Fuß gehen gefördert wird. Das sind die Aufgaben unserer Zeit.

Und wenn sie jetzt auch noch die Energiewende bemühen, dann möchte ich mir auch die Frage erlauben: Wieso haben sie sich denn dann beteiligt am Neubau eines Kohlekraftwerkes? Das ist ja wahrscheinlich auch nicht mehr so wirtschaftlich und führt dazu, dass die Querfinanzierung nicht mehr funktioniert. Ich möchte dafür plädieren für die Zukunft, dass sich die WSW und der Stadtrat dafür aussprechen, Konzepte zu entwickeln, um den ÖPNV zu stärken und nicht, wie in diesem Fall, den ÖPNV zu schwächen.