Hauptsatzung und Besetzung des Verwaltungsvorstandes,
Rede unseres Fraktionsvorsitzenden Marc Schulz in der Ratssitzung am 18.12.19
Lieben herzlichen Dank, Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
Weihnachten ist ja die Zeit der Geschichten und Märchen und der Geschenke natürlich auch, aber nicht in erster Linie. Ich musste so ein bisschen in den letzten Tagen an ein paar Geschichten denken, zum Beispiel an die Geschichte vom König Midas, der ja bekanntermaßen das „Glück“ hatte, dass alles, was er anfasste, zu Gold wurde. Das war nicht immer nur ein Segen, aber es ist sozusagen ein schönes Abfallprodukt und ich glaube, Herr Dr. Slawig würde sich manchmal wünschen, wenn wir hier in Wuppertal einen König Midas hätten.
In Wuppertal scheinen wir das aber nicht zu haben, sondern wenn, dann haben wir eine Mischung aus König Midas und der Pechmarie. Denn so gut wie alles und alle Personalentscheidungen, die hier in den letzten Jahren angepackt wurden, waren zumindest kein Gold. Der Vorgang, den wir heute unter TOP 1 zu beschließen haben, ist ja nur der Höhepunkt einer langen Liste an Fehlleistungen und Fehlbesetzungen.
Eigentlich beginnt das ganze Trauerspiel noch in der ersten Amtszeit von Oberbürgermeister Peter Jung, der nämlich zu Beginn seiner Amtszeit angekündigt hatte, die Zahl der Dezernenten im Verwaltungsvorstand zu verringern, und zwar aus Kostengründen. Daran glauben mussten dann nicht etwa Dezernenten von CDU und SPD, sondern wie zu erwarten, so, wie es sich dann gehört, Harald Bayer und Thomas Uebrick also zwei Dezernenten, die auf Vorschlag von FDP und GRÜNEN bzw. von GRÜNEN und FDP damals ins Amt gekommen sind. Blöd nur, dass Thomas Uebrick zum damaligen Zeitpunkt der einzige Dezernent war, der auch gleichzeitig die Befähigung zum Richteramt hatte. Das, was es ja braucht laut Paragraph 71 Absatz 3 der Gemeindeordnung in einem Verwaltungsvorstand. Das gilt übrigens auch bis heute.
Das heißt, dass seit dem Ausscheiden von Thomas Uebrick im Jahr 2010 dieses Problem hinlänglich bekannt war und genug Zeit bestand, es zu lösen.
Erst mit der Wahl eines fünften Dezernenten nach der Kommunalwahl 2014 konnte wieder ein rechtskonformer Verwaltungsvorstand hergestellt werden.
Im Zuge der Abwahl des Dezernenten Paschalis, dessen Abwahl ich bis heute inhaltlich richtig finde, haben wir uns mehrfach unter anderem beim Oberbürgermeister erkundigt, wie es denn um die Auslegung des § 71 Abs. 3 von Seiten der Bezirksregierung bestellt sei. Die Antwort war immer gleich: Die Bezirksregierung habe bestätigt, dass man erst im Falle einer Neuwahl wieder einen Volljurist im Verwaltungsvorstand brauche, und im Übrigen würde man diese Regel mittlerweile moderater auslegen als in der Vergangenheit.
Und jetzt stehen wir da und haben den Salat. Denn tatsächlich scheint die Haltung der Bezirksregierung in dieser Frage eben nicht so eindeutig gewesen zu sein, wie es uns von der Stadtspitze immer wieder dargestellt wurde. Zumindest scheint das Prinzip Hoffnung beim Vorgehen der Stadt bei der Abwahl des Dezernenten Paschalis federführend gewesen zu sein.
Um das ganz deutlich zu sagen: dass dieses Tohuwabohu jetzt die Wiederwahl von Matthias Nocke mit beeinflusst, halte ich persönlich für außerordentlich bedauerlich. Als seine Wiederwahl vor einem Monat auf der Tagesordnung des Rates stand, hat sich meine Fraktion im Vorfeld dafür ausgesprochen, seine Wiederwahl zu unterstützen.
Wir schätzen Matthias Nocke für seine zuverlässige Arbeit und seine verbindliche Art, auch wenn wir nicht immer einer Meinung mit ihm sind. Ich habe das selber miterlebt, als er noch Schuldezernent war, da waren wir nicht immer einer Meinung, und kann man natürlich Kritik an seiner Arbeit äußern wie an der Arbeit jedes anderen Dezernenten in dieser Stadt auch.
Trotzdem habe ich schon Dezernenten erlebt, deren Bilanz schlechter war.
So, wie es sich aber heute darstellt, ist diese eindeutige Mehrheit für seine Wiederwahl leider nicht mehr herstellbar. Um die Voraussetzungen für eine Wiederwahl zu schaffen, muss nun eine zusätzliche fünfte Dezernentenstelle geschaffen werden, von der überhaupt nicht klar ist, welchen inhaltlichen Zuschnitt diese Stelle haben soll. Und ich sage das mal ganz deutlich: nicht wir machen diese Verknüpfung zwischen Wiederwahl und Schaffung eines fünften Dezernates, sondern der Oberbürgermeister hat es vorletzten Samstag bei Radio Wuppertal genauso kommuniziert: Wir müssen nun eine fünfte Dezernentenstelle schaffen, damit Matthias Nocke wiedergewählt werden kann. Ich finde, man hätte auch andere Formulierungen wählen können. Man hätte auch sagen können: das eine ist das Problem des Volljuristen, das uns von der Bezirksregierung auferlegt wurde, das andere ist die Wiederwahl eines geschätzten Dezernenten. Das sind zwei Vorgänge, die nichts miteinander zu tun haben. Natürlich wären dich noch miteinander vermischt worden in der öffentlichen Debatte, aber das der Oberbürgermeister sozusagen öffentlich erklärt, wir müssen das so machen, weil niemand im Rat das überhaupt in Erwägung gezogen hat, eine Alternative zur Wiederwahl zu sehen, das finde ich, ist dann schon eine eindeutige Aussage. Und dann ist das auch von oberster Stelle sozusagen gedeckt, dass man diese beiden Punkte miteinander vermischt.
Man könnte sich ja gemeinsam noch mal Gedanken darüber machen, ob eine Stadt mit rund 360.000 Einwohnerinnen und Einwohnern nicht vielleicht doch etwas mehr als diese, vier Dezernenten braucht, ob es vielleicht fünf Dezernenten braucht in der Verwaltungsspitze, und ob es nicht vielleicht sogar Zukunftsthemen gibt, die bislang in diesem Verwaltungsvorstand nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Das würde aber voraussetzen, dass man sich an der Sache entlang mit dieser Frage beschäftigen würde und nicht, so wie sie das in den letzten Jahren immer wieder getan wurde, entlang von Wahlergebnissen und entsprechenden Zugriffen durch die Fraktionen der Ratsmehrheit. Die Stadt ist kein Selbstbedienungsladen!
Wir lehnen daher die Vorlagen zur Änderung der Hauptsatzung und zur Besetzung des Verwaltungsvorstandes ab.
Vielen herzlichen Dank.