Geplante Neubauten einer Jugendhaftanstalt, der Bereitschaftspolizei und der Justizvollzugsschule NRW
Geplante Neubauten einer Jugendhaftanstalt, der Bereitschaftspolizei und der Justizvollzugsschule NRW
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
lieber Peter,
seit Mitte März dieses Jahres ist das geplante Vorhaben der Landesregierung zur Ansiedlung einer Jugendhaftanstalt, der Bereitschaftspolizei und der Justizvollzugsschule NRW auf dem Gelände der ehemaligen Standortverwaltung und des Landschaftsplans Ost bekannt.
Die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN begrüßt grundsätzlich die Entscheidung, eine neue Jugendvollzugsanstalt in Wuppertal zu errichten, da wir in NRW einen großen Bedarf erkennen, nicht erst seit den tragischen Ereignissen in der JVA Siegburg. Wir sprechen uns jedoch für eine deutlich kleinere Haftanstalt mit 200 Plätzen aus, da eine erfolgreiche Resozialisierung nur in einer überschaubaren Größenordnung erreicht werden kann. Dass sich die Pläne auch auf die Fläche des Landschaftsplans Ost im Landschaftsschutz- und Naherholungsgebiet erstrecken sollen, halten wir für problematisch.
Ich möchte in diesem Schreiben heute nicht auf die ökologischen Fragestellungen eingehen, sondern auf eine weitere historische Problematik aufmerksam machen. Wenn es stimmt, dass auch die Fläche des Langwaffen-Schießstandes auf dem ehemaligen Kasernengeländes überplant werden soll, wäre ein Denkmal betroffen. Mit Drucksache VO/2692/04 beschloss der Denkmalpflegeausschuss im Jahre 2004 die Eintragung des Langwaffen-Schießstandes in die Denkmalliste der Stadt Wuppertal.
Im Hinblick auf die historischen Ereignisse an diesem Ort halte ich es für geboten, auf die Ereignisse der Jahre 1944/45 hinzuweisen.
Der Langwaffen-Schießstand war auch eine Hinrichtungsstätte, auf der in den letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges deutsche Deserteure standrechtlich erschossen wurden.
Wie der Dokumentation „Deserteure in Wuppertal“ – herausgegeben 1992 vom Stadtarchiv der Stadt Wuppertal – zu entnehmen ist, wurden auf dem Gelände des Schießstandes eine nicht genau bekannte Anzahl Deserteure erschossen. In der Dokumentation werden 8 erwiesene Exekutionen auf dem Schießplatz Erbschlö geschildert, ein Augenzeuge berichtet von täglichen Erschießungen junger Deserteure in den letzten Kriegsmonaten.
Die Erstellung dieser Dokumentation ging aus einer gesellschaftlichen Diskussion Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre hervor. Engagierte Bürgerinnen und Bürger sprachen sich damals für die Errichtung eines Mahnmales aus.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, lieber Peter, ich möchte mit diesem Schreiben anregen, die historischen Ereignisse zu prüfen und angemessen zu würdigen. Die Verantwortlichen innerhalb der Stadt Wuppertal für die Durchführung von Bauvorhaben auf diesem Gelände sollten sich bewusst auch über seine historische Bedeutung im Klaren sein. Die Aufarbeitung der Geschichte dieses Ortes ist nicht abgeschlossen und niemand sollte gedankenlos einen solchen denkmal- und mahnmalwürdigen Ort zerstören. Wir alle werden immer wieder aufs Neue mit der Geschichte des Dritten Reiches konfrontiert und stehen immer wieder vor der Aufgabe, historische Ereignisse aufzuarbeiten und in Erinnerung zu behalten.
Die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN und ich würden es begrüßen, eine Stellungnahme des Wuppertaler Oberbürgermeisters zu dieser Problematik zu erhalten.
Mit freundlichem Gruß
Lorenz Bahr