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Forensik

13. November 2012

Rede unserer Stadtverordneten Ilona Schäfer in der Sitzung des Rates am 12.11.2012

In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Patienten im Maßregelvollzug drastisch angestiegen. Gesellschaft und Politik haben den Auftrag, Hilfs- und Therapieangebote für diese Menschen zu schaffen.

Es werden dringend neue, zusätzliche Plätze im Maßregelvollzug gebraucht. Diese Entscheidungen für neue Standorte sind nicht immer leicht. Nun ist geplant, mit fünf neuen Einrichtungen bis 2020 insgesamt 750 zusätzliche Plätze zu errichten. Dieses Thema ist nicht dazu geeignet, parteipolitischen Streit zu führen.

Das Sankt-Florians-Prinzip hilft keinem. Es gilt, die beste Lösung in der Sache anzustreben. Wenn die Entscheidung für einen Standort gefallen ist, müssen wir vor Ort alles dafür tun, mit Besonnenheit vorzugehen. Es gilt, die richtigen Schwerpunkte zu setzen. Das setzt kluges Tun voraus. Jetzt ist nicht die Zeit für populistische Schnellschüsse. In der Forensik geht es darum, die Bevölkerung vor Straftätern zu schützen. Aber genauso geht es um die Therapie kranker Menschen.

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete,

ich gebe zu, das was ich bis hierhin vorgetragen habe, ist ein Plagiat. Diese Sätze stammen aus einer Stellungnahme des CDU-Fraktionsvorsitzenden im Landtag NRW, Herrn Karl-Josef Laumann zum Forensik-Standort Hörstel. Die Aussagen kann man zunächst einmal so unterschreiben. Allerdings weist er in seiner Stellungnahme auch auf seine Amtszeit als Gesundheitsminister des Landes NRW hin. Deshalb frage ich mich: Warum hat er sich des Problems denn nicht angenommen und wider besseren Wissens keinen einzigen zusätzlichen Platz im Maßregelvollzug geschaffen?! Wollte er das Thema aussitzen, weil vielleicht auch sein eigener Wahlkreis in die engere Auswahl gekommen wäre? Die entsprechenden Zahlen und Prognosen lagen ihm jedenfalls vor.

Auch vor diesem Hintergrund kam die Entscheidung für neue Forensik-Einrichtungen in NRW nicht überraschend. Das fachlich zuständige Gesundheitsministerium hat bereits im September 2011 den Kommunen in den betroffenen Landgerichtsbezirken die Gelegenheit gegeben, geeignete Standorte für die Errichtung einer Forensik zu benennen. An dieser Stelle hat es eine bis dahin einmalige Form der Einbeziehung und Beteiligung der Kommunen gegeben, wie es sie unter keinem anderen Gesundheitsminister zuvor in diesem Land gegeben hat. Oberbürgermeister Peter Jung lehnte eine entsprechende Anfrage des Ministeriums allerdings ab, benannte keinen geeigneten Standort und verwies auf andere Kommunen im Landgerichtsbezirk. Seine Hoffnung, mit dem St.-Florians-Prinzip davonzukommen, hat sich nicht erfüllt. Wuppertal wurde jetzt als Standort für eine Maßregelvollzugs-Klinik ausgewählt.

Die Grüne Ratsfraktion akzeptiert, dass Wuppertal als Standort für eine moderne forensische Klinik ausgewählt wurde. Wir sind uns aber auch der Tatsache bewusst, dass eine solche Entscheidung immer Emotionen hervorrufen wird. Deshalb appellieren wir an alle Beteiligten, die Diskussion sachorientiert zu führen. Dazu bedarf es zunächst einmal einer sorgfältigen Information. Das bedeutet auch klar zu machen, dass eine solche Standortwahl keine politische Entscheidung sein kann – und nicht sein darf.

Das Gesundheitsministerium und die Stadtverwaltung Wuppertal sind aufgefordert, Politik und Bevölkerung umfassend und transparent über das Thema Forensik zu informieren. Das bedeutet aber nicht, Ängste und Misstrauen zusätzlich anzuheizen, sondern die Betroffenen schnellstmöglich in den Umsetzungsprozess mit einzubeziehen. Dieser Appell zu Versachlichung gilt besonders für die Medien, die meines Erachtens nach hier in einem hohen Maße Verantwortung tragen.

Wir erwarten, dass bei der Suche nach einem geeigneten Standort ausschließlich die gemeinsam verabschiedeten Kriterien des Landes NRW für Forensik-Standorte zugrunde gelegt werden. An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal darauf hinweisen, dass sowohl die Kriterien als auch die Vorgehensweise mit allen Fraktionen im Landtag abgestimmt war.

Mit Ihrem Schachzug, die Kleine Höhe als Alternativstandort vorzuschlagen haben Sie, Herr Oberbürgermeister, die Menschen gleich in zwei Stadtbezirken und darüber hinaus noch in unserer Nachbarstadt Velbert in Aufregung versetzt! Dieser Alleingang war für eine sachliche Diskussion der Standortfrage kontraproduktiv. Sowohl für Lichtscheid als auch für die Kleine Höhe gibt es gravierende Punkte, die gegen eine Forensik an diesen Standorten sprechen. Wir hätten uns ein mit allen Fraktionen abgestimmtes, sachliches und besonnenes Vorgehen gewünscht – gemeinsam hätten wir vielleicht eine verträglichere Lösung gefunden.