Es ist normal, verschieden zu sein – Handlungsprogramm zur Inklusionspolitik
Rede unserer Stadtverordneten Ilona Schäfer in der Ratssitzung am 30.09.2013
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
Was ist Inklusion? – Ich gehe davon aus, dass Sie als Mitglieder des Rates der Stadt Wuppertal sich intensiv mit diesem Thema auseinander gesetzt haben. Wenn ich aber dieses Gebäude verlassen und die Menschen auf dem Werth befragen würde, bekäme ich sehr oft nur Schulterzucken als Antwort. Diejenigen, die den Begriff kennen, beziehen ihn meist nur auf das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung. Aber Inklusion bedeutet mehr: Inklusion bedeutet das Recht auf Teilhabe und gleiche Chancen für alle Menschen – unabhängig von ihren Fähigkeiten, ihrer Herkunft, ihrer Religion oder ihrer sexuellen Orientierung und in allen Lebensbereichen. Inklusion umzusetzen bedeutet also nicht nur den Abbau baulicher sondern auch den Abbau sozialer Barrieren.
Und warum müssen wir in Wuppertal Inklusion umsetzen? Ganz einfach:Weil Inklusion ein Menschenrecht ist! So legt es jedenfalls die UN-Behindertenrechtskonvention fest, die im Jahr 2009 auch in Deutschland in Kraft getreten ist. Natürlich funktioniert das nicht, indem man einen Schalter umlegt, sondern es wird ein langfristiger Prozess – oder wie es der Leiter unseres Sozialressorts formulierte: eine Generationenaufgabe. Deshalb ist es wichtig heute einen Beschluss zu fassen, auf dessen Basis wir weiter arbeiten können.
Wir freuen uns, dass die Verwaltung ein Konzept für die Bereiche Erziehung und Bildung vorgelegt hat, das dafür eine gute Grundlage bildet. Allerdings sind wir der Auffassung – und da sind wir uns ja in den Fachausschüssen fraktionsübergreifend einig gewesen – dass dieses Konzept erweitert und fortgeschrieben werden muss. Mit unserem Antrag „Es ist normal verschieden zu sein – Wuppertal wird inklusiv“ haben wir einige aus unserer Sicht wichtige Forderungen formuliert, die ich stichpunktartig nennen möchte:
– Es ist notwendig, dass Inklusion als Querschnittsaufgabe bearbeitet wird, das heißt in der Verwaltung muss das Denken in Ressort- und Zuständigkeitsbereichen aufgebrochen werden. Die Politik und – ganz wichtig – die freien Träger müssen in die weitere Planung mit einbezogen werden. Auch dort müssen Barrieren abgebaut werden!
– Und um der Bedeutung der Aufgabe gerecht zu werden, halten wir es für sinnvoll in der Verwaltung eine Stabsstelle für Inklusionsmanagement einzurichten.
– Ein Aspekt, den ich in dem städtischen Konzept leider vermisst habe ist die Öffentlichkeitsarbeit. Inklusion muss in den Köpfen der Menschen ankommen. Und da können wir als Kommunalpolitiker Vorbilder sein, indem wir alle Entscheidungen auf ihre Inklusionstauglichkeit prüfen. Das heißt aber auch, dass bei einer Abwägung verschiedener Werte der Barrierefreiheit mindestens die gleiche Priorität eingeräumt werden muss. (Abstecher Umweltschutz)
– Auf die inhaltlichen Forderungen möchte ich nicht im Detail eingehen, sie sind in unserem Antrag ausführlich erläutert. Nur einen Punkt möchte ich an dieser Stelle noch einmal erwähnen: das ist die Schaffung von neutralen, unabhängigen Beratungsstellen für Menschen mit Behinderung. Hier sollten sie nach Möglichkeit Hilfen aus einer Hand vermittelt bekommen.
Wir begrüßen, dass unser Antrag gemeinsam mit dem Antrag der SPD-Fraktion VO 517/13 in den Ausschüssen einstimmig als Arbeitsauftrag für die Fortschreibung des Handlungskonzepts auf den Weg gebracht wurde. Wenn der Rat heute in gleicher Weise beschließt, ist das ein klares Bekenntnis der Stadt Wuppertal zu Inklusion.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe eine gute Freundin, die stark sehbehindert ist und in einigen Jahren wahrscheinlich komplett blind sein wird. Wenn ich mit ihr unterwegs bin, sehe ich die Umgebung mit anderen Augen. Ich achte auf Stolperkanten und Hindernisse. Es muss unser Ziel sein, dass solche Hindernisse in Zukunft nicht mehr existieren – egal ob für Blinde, für Rollstuhlfahrer für Menschen mit jeder Art von Handicap. Barrierefreiheit und Teilhabe für Alle muss selbstverständlich sein. Und letztendlich werden ALLE davon profitieren. Daran müssen wir arbeiten, Schritt für Schritt – aber wir müssen endlich damit anfangen!
Vielen Dank.