Errichtung einer Gesamtschule
Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren,
ich glaube, niemand im Rat gibt sich der Illusion hin, dass dieser Antrag tatsächlich eine Mehrheit finden wird, nicht einmal die antragstellende Fraktion. Gleichwohl werden wir ihn unterstützen, da sich hinter dieser Initiative etwas anderes versteckt: nämlich die Erinnerung an einen Grundsatzbeschluss, der eine breite Mehrheit in diesem Rat gefunden hat und hohe Erwartungen an die Wuppertaler Politik geschürt hat.
Der Antrag von CDU und SPD aus 2008, eine sechste Gesamtschule in Wuppertal zu errichten, war keine selbstlose Wohltat, sondern nur eine logische Konsequenz aus den Zahlen der Schulanmeldungen. Jedes Jahr aufs Neue werden über 500 Kinder an Gesamtschulen abgelehnt. Dass die Politik hier handeln muss, ist offensichtlich.
Meine Fraktion hat das lange vor der großen Koalition im Rat gefordert, um dem Elternwillen endlich Rechnung zu tragen und auch der Grundsatzbeschluss aus 2008 trägt ja nicht zu Unrecht den Titel: Durchsetzung des Elternwillens.
Dabei gab es schon damals Hinweise darauf, dass es Ihnen, meine Damen und Herren von CDU und SPD, gar nicht ernst war mit der sechsten Gesamtschule.
Der Schulentwicklungsplan für weiterführende Schulen, in dessen Folge dieser Grundsatzbeschluss getroffen wurde, enthielt keinerlei Aussagen zu der Entwicklung der Gesamtschullandschaft. Dies wurde damit begründet, dass die Politik hierzu Stellung beziehen wolle und solle. Es war also offenkundig bereits im Vorfeld zwischen Verwaltung und den Kooperationsfraktionen abgesprochen, dass die Ankündigung der Errichtung einer neuen Schule den beiden großen Fraktionen vorbehalten werden sollte, und zwar, das ist meine begründete Vermutung, um von der geplanten Schließung zweier Hauptschulstandorte abzulenken.
Wäre es ihnen zum damaligen Zeitpunkt wirklich ernst gewesen mit der sechsten Gesamtschule, hätten sie ihre Initiative vor der Vorstellung des Schulentwicklungsplanes eingebracht, um die Verwaltung dahin zu bringen, diese in ihre Planungen mit einzubeziehen und mögliche bestehende Schulstandorte für eine Umwidmung zu prüfen.
Aber so war es ja wesentlich einfacher.
Die CDU musste sich vor der Kommunalwahl nicht mit aufgebrachten Eltern und Lehrern auseinandersetzen, die weiterhin am gegliederten Schulsystem festhalten und die Sozialdemokraten konnten mit der Grundsatzentscheidung in den Kommunalwahlkampf ziehen und sich dafür feiern lassen.
Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, dass die Wuppertaler CDU von der dann folgenden ablehnenden Haltung des Schulministeriums überrascht wurde, denn immerhin wurde dieses Ministerium von einer Parteifreundin geführt.
In dem Wissen, dass das ganze Vorhaben letztlich doch scheitern oder auf die lange Bank geschoben werden würde, konnte man sich also in Ruhe zurücklehnen und auf kommunaler Ebene dem Wunsch des Koalitionspartners nachgeben: es blieb ja ohne Folgen für die CDU.
Leidtragende dieser Spielereien im Rat sind all die 500 oder mehr Kinder, deren Wunsch auf einen Gesamtschulplatz nicht in Erfüllung gehen. Auch die Erhöhung der Zügigkeit der Gesamtschulen Langerfeld und Vohwinkel ist zwar sinnvoll, aber letztlich nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.
Schauen wir uns doch einmal die Perspektive an: der Schulentwicklungsplan hat Gültigkeit bis 2013. Das bedeutet, dass die Wuppertaler Schulen bis zu diesem Jahr Bestandsschutz haben. Wenn 2013 mit den Planungen begonnen wird, wenn also Anträge auf Umwidmung gestellt werden, die ja auch aller Voraussicht und Erfahrung nach nicht ohne Gegenreaktionen bleiben werden, wenn bauliche Maßnahmen umgesetzt werden müssen, dann reden wir realistischerweise von einem frühesten Termin für die Eröffnung der sechsten Gesamtschule im Jahr 2015, also sieben bis acht Jahre nach ihrem Grundsatzbeschluss.
Das ist eine ganze Schülergeneration.
Und so etwas nennen sie Berücksichtigung des Elternwillens?
Wenn die SPD heute in einer Pressemitteilung Stellung zu diesem Antrag bezieht und behauptet, er gaukele den Betroffenen Perspektiven vor, die die Wuppertaler Schullandschaft jetzt nicht ermöglichen könne, dann richtet sich dieser Vorwurf in erster Linie gegen die beiden großen Fraktionen im Rat selber, die mit ihrem Grundsatzbeschluss den Betroffenen Hoffnung darauf gemacht haben, dass eine zeitnahe Lösung möglich wäre.
Jetzt ist der Zeitpunkt, um eine solche Debatte zu führen, denn nie gab es eine günstigere Perspektive für eine Überwindung des gegliederten Schulsystems in unserem Land. Die rot-grüne Landesregierung steht den Schulträgern als Partner zur Seite und nicht als Gegner, so wie es die Schulgräbenpolitik von schwarz-gelb fünf Jahre praktiziert hat. Wir sollten dies nutzen und bereits heute mit den Planungen zur Errichtung einer weiteren Gesamtschule beginnen.
Sie sollten nicht immer mit den Fingern auf andere zeigen, meine Damen und Herren von CDU und SPD, sondern vielmehr versuchen, die Fehler, die sie in den letzten Jahren beim Thema sechste Gesamtschule gemacht haben, endlich vergessen zu machen und das einzulösen, was sie den Menschen versprochen haben.
Und zwar nicht am Sankt-Nimmerleinstag, sondern heute!