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Einwohnermeldeamt

5. Juli 2016

Rede unseres GRÜNEN Fraktionsvorsitzenden Marc Schulz im Rat der Stadt Wuppertal am 04.07.2016

Marc_Schulz_querHerr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren,

Warteschlangen sind ja nicht unüblich: man findet sie vor dem Kino, wenn der neue Star Wars-Film startet, vor Aldi, wenn der neue Prospekt erschienen ist oder vor dem Apple-Store, wenn das aktuelle iPhone auf den Markt kommt. Und auch gestern standen Tausende auf der B7 und warteten auf den Startschuss für den Schwebebahnlauf. Also: alles nicht so schlimm? Mitnichten. Denn während bei den gerade aufgezählten Beispielen die Menschen freiwillig Schlange stehen, um etwas zu bekommen, was für sie einen unmittelbaren Mehrwert hat, müssen sie vor dem Einwohnermeldeamt warten, weil jemand anderes etwas von ihnen verlangt. Der Staat möchte wissen, wo sie sich momentan aufhalten, möchte wissen, wenn sie umziehen, möchte wissen, wohin man in den Urlaub reist oder verlangt Dokumente, wenn man zum Beispiel einen neuen Arbeitsplatz antritt. Wir haben es hier also nicht im klassischen Sinne mit Kundinnen und Kunden zu tun, auch wenn behörden-intern gerne davon gesprochen wird. Wenn man also für Angelegenheiten, die der Staat von einem erwartet und einfordert, stundenlang vor der Meldebehörde warten muss und im schlimmsten Fall wieder nach Hause geschickt wird, kann ich die Verärgerung der Menschen gut nachvollziehen.

Niemand dort versteht, warum die Stadt nicht endlich Konsequenzen zieht, sondern jedes Mal erklärt, man habe entsprechende Gegenmaßnahmen ergriffen und sei sicher, dass nun alles besser wird. Als wir im vergangenen Jahr über die damalige Situation am Steinweg hier im Stadtrat sprachen, versicherten die Verantwortlichen in der Verwaltung und in den Fraktionen der Ratsmehrheit, man sei sich sicher, nun alles im Griff zu haben. Und Herr Reese sagte, er sei gespannt, ob das Thema nun die nächsten fünf Jahre immer wieder auf die Tagesordnung des Rates gesetzt werde. Darauf antworte ich heute: ja, ein eindeutiges Ja!

Solange die Lage im Einwohnermeldeamt nicht deutlich und langfristig verbessert wird und zwar indem die Ursache nachhaltig bekämpft wird, solange wird dies selbstverständlich auch weiterhin hier Thema sein, darauf können Sie sich einstellen.

Das kurzfristige Herumdoktern an Symptomen funktioniert nicht. Und auch das vom Oberbürgermeister angekündigte Sofortprogramm wird wahrscheinlich nichts daran ändern. Zwar sind wir Ihnen, Herr Mucke, dankbar, dass Sie anders als ihr Vorgänger, die Situation endlich schonungslos als das bezeichnet haben, was sie ist: nämlich ein Notstand. Aber die temporäre Schließung der Bürgerbüros, um das Personal zum Steinweg  abzuziehen, birgt die Gefahr, dass sich die Zahl der wartenden Menschen in Barmen noch vergrößert: denn nun müssen auch diejenigen dorthin, die bisher ihre Ummeldung oder Ähnliches noch in Cronenberg, Vohwinkel, Ronsdorf, Beyenburg oder Langerfeld erledigen konnten.

Eine langfristige Lösung der Probleme, davon sind wir fest überzeugt, wird es nur geben, wenn der Beschluss zur Zentralisierung der Bürgerdienste aus dem Jahr 2010 zurückgenommen und die Bürgerbüros in den Stadtteilen wieder vollständig geöffnet werden. Seit der Rat vor sechs Jahren diesen Beschluss gefasst hat, sind lange Wartezeiten von zum Teil mehreren Stunden speziell vor den Ferien zur Gewohnheit geworden. Keiner der in den letzten Jahren angekündigten Lösungsansätze, egal ob personeller oder baulicher Art, konnte irgendetwas daran ändern. Logischerweise kann sich auch tatsächlich nichts ändern, wenn die eigentliche Ursache hierfür bestehen bleibt. Mittlerweile, nach fünf Jahren Wartechaos, haben ja auch die Verantwortlichen in der Stadt und im Rat offenbar erkannt, dass das Gebäude am Steinweg einfach nicht die richtigen Bedingungen erfüllt, um die Menschenmassen dort bewältigen zu können. Aber daraus nun den Schluss zu ziehen, ein neues Gebäude für mehrere Millionen zu errichten, in dem dann wie von Herrn Paschalis vorgeschlagen, auch noch die KfZ-Zulassungsstelle einziehen soll, erschließt sich mir nicht. Was ist denn aus dem Einsparungsziel von 300.000 Euro jährlich geworden, dass doch immerhin als Begründung für die Zentralisierung herangezogen wurde? Alles vergessen. Nun gilt nur noch: wir dürfen nicht zugeben, dass wir einen Fehler gemacht haben. Getreu dem Bonmot des ehemaligen Stuttgarter Oberbürgermeisters Manfred Rommel:

„Ist der Weg auch falsch und steinig, die Hauptsach´ ist, wir sind uns einig!“.

Am Ende sind die Bürgerinnen und Bürger die Dummen, die ihre Sturheit mit ihrem Geld und ihrer Zeit, nämlich Wartezeit bezahlen müssen. Und natürlich auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denen meine Bewunderung dafür gilt, dass sie unter diesen Bedingungen immer noch ihren Job machen.

Meine Damen und Herren,
wir sind der Meinung, dass alles, was man für eine langfristige Entscheidung braucht, heute schon auf dem Tisch liegt. Trotzdem sind wir bereit, dem Antrag der F.D.P. zuzustimmen, denn er gibt der Verwaltung konkrete Prüfaufträge an die Hand und vergisst dabei eben auch die vollständige Öffnung der Bürgerbüros nicht. Aber ein Hinweis sei mir gestattet: der Rat hat bereits Ende 2014 einstimmig einen Prüfauftrag der FDP-Fraktion beschlossen, in dem die Verwaltung unter anderem aufgefordert wurde zu prüfen, ich zitiere: „inwieweit zukünftig Kompetenzen und Aufgaben an die Bürgerbüros zurückgegeben werden können, um gerade vor Ferienzeiten Überlastungen einzelner Dienststellen zu vermeiden“.

Heute, nach anderthalb Jahren, liegt mir hierzu immer noch kein Prüfergebnis vor und die Sofortmaßnahmen des OBs, die ja in die komplett andere Richtung gehen, lässt mich zweifeln, ob dieser Antrag, selbst wenn er heute beschlossen wird, diesmal auch umgesetzt wird.

Zum Antrag von CDU und SPD in aller gebotenen Kürze: sie bleiben sich treu. Seit elf Jahren, also seit sie sich zusammengeschlossen haben, ist es immer das gleiche Spiel: für das Lösen von Problemen sind sie nicht zuständig. Sie schreiben dann mal eben einen vagen, unkonkreten Antrag, und anstatt wie wir oder auch die FDP konkrete Lösungsvorschläge einzubringen, soll dann die Verwaltung für sie arbeiten. Aber vielleicht haben Sie ja auch schon intern für sich beschlossen, dass wir jetzt plötzlich doch viel Geld haben, um ein gemeinsames, zentrales Gebäude für Bürgerdienste und KfZ-Stelle zu errichten und ihr Antrag soll ihnen nur etwas Luft verschaffen. So oder so stellt er keine vernünftige Grundlage dar, um die Probleme schnell und nachhaltig zu lösen und deshalb werden wir ihm auch nicht zustimmen können.