Ein Wuppertal für Alle“ – Fortschreibung des Handlungsprogramms zur Wuppertaler Inklusionspolitik
Rede unserer Stadtverordneten Ilona Schäfer in der Sitzung des Rates der Stadt Wuppertal am 14.11.2016
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
wir freuen uns, dass nun die Fortschreibung des Handlungskonzeptes Inklusion vorliegt! Und auch wenn über die Inhalte Konsens besteht, so möchte ich doch die Gelegenheit nutzen, einige Worte dazu zu sagen. Denn ich bin der Meinung, dass das nicht nur dem Thema angemessen ist, sondern der Bericht uns ja geradezu dazu auffordert, darüber zu reden, wie wir Inklusion in Wuppertal erreichen können.
Das haben wir bereits in den Ausschüssen getan, wo zu einzelnen Themenbereichen auch Anregungen eingebracht wurden. Diese Anregungen werden im weiteren Prozess aufgenommen. Und ich möchte auch darum bitten, dass die Anregung aus allen Ausschüssen, die darüber beraten haben aufgenommen werden und nicht nur das, was jetzt hier im Protokoll festgehalten wird, war die Anregung des Gleichstellungsausschusses, was ich natürlich auch sehr wichtig finde.
Ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal betonen, dass es sehr wichtig ist, sich in diesen Prozess einzubringen. Wir sind auf einem guten Weg, das wird aus dem Bericht deutlich. In nahezu allen Lebensbereichen ist das Thema angekommen und es gibt auch schon viele gute Schritte hin zu „Einem Wuppertal für Alle“.
Was zum Beispiel umgesetzt wird sind inklusive Theaterprojekte oder Probewohnen an einer Förderschule um den Schülern zu zeigen, wie ist denn selbständiges Wohnen überhaupt. Was muss ich da alles machen.
An anderer Stelle sind die Probleme aufgezeigt und Lösungsvorschläge erarbeitet worden. Auch dafür zwei Beispiele: Dienstausweise sollen demnächst für sehbehinderte Menschen lesbar werden oder es soll einen Wegweiser für barrierefreie Arztpraxen geben.
Deshalb möchte ich hier noch auf einige Dinge eingehen, die eher von allgemeiner Bedeutung sind. Inklusion – das bedeutet gleichberechtigte Teilhabe in allen Lebensbereichen, so fordert es die UN-Behindertenrechtskonvention! Ein ganz entscheidender Bereich ist dabei die Teilhabe am Arbeitsleben. Hier besteht meines Erachtens nach noch großer Handlungsbedarf, vor allem wenn es um die Ausbildung von jungen Menschen mit Behinderungen geht. Hier ist auch die Stadt in der Pflicht und sollte ihrer Vorbildfunktion gerecht werden. Sie könnte zum Beispiel Praktikumsplätze anbieten, um einen Einstieg ins Berufsleben für junge behinderte Menschen zu ermöglichen oder zumindest zu erleichtern.
Wir waren mit dem LVR-Sozialausschuss Anfang des Jahres auf einer Informationsreise in Freiburg und Umgebung. Da haben wir aus Baden-Württemberg ganz interessante Dinge mitgenommen, denn da gibt es Programme, in denen Schulen konkret mit Unternehmen oder auch mit Verwaltungen zusammenarbeiten. Das scheint eine sehr nachhaltige Wirkung zu haben.
Ein weiteres Thema, was ich denke, leider angesprochen werden muss, ist das Thema Gewalt gegen Menschen mit Behinderung, speziell gegen Frauen. Das ist ein Problem vor allem in Wohnheimen und Werkstätten. Deshalb ist es auch gut und richtig, dass der Entwurf des Bundesteilhabegesetzes die Einrichtung von Frauenbeauftragten in solchen Einrichtungen zwingend vorschreibt. Es wäre aber auch hilfreich, eine neutrale Stelle zu haben, an die sich behinderte Menschen wenden können, die Gewalt erfahren haben oder von Gewalt bedroht sind.
Um behinderten Menschen auch die Möglichkeit zu geben, sich über für sie wichtige Angebote zu informieren, ist die Anwendung von Leichter Sprache eine Grundvoraussetzung. Diese soll wie angekündigt jetzt zunächst im Ressort Soziales eingeführt werden und dann Schritt für Schritt ausgeweitet werden.
Ich hoffe, dass dieser Prozess zügig angegangen wird, denn er hilft nicht nur Menschen mit Behinderungen, sondern z. B. auch Zugewanderten, die unsere Sprache nicht oder zumindest noch nicht so gut beherrschen.
Gleichzeitig ermöglicht die Leichte Sprache auch die Teilhabe an politischen Prozessen, eine Entwicklung, die wir ja auch weiter aktiv vorantreiben, indem wir z. B. die Ratssitzungen für Menschen mit Hörbehinderung zugänglich machen.
Doch um Inklusion weiter voran zu bringen ist es wichtig, Politik und Verwaltung zu sensibilisieren, sich die Auswirkungen jeder einzelnen Entscheidung auf den Inklusionsprozess vor Augen zu führen. Dafür sollte es künftig ein Bewertungsverfahren geben, das eine Entscheidungshilfe sein kann und positive und negative Auswirkungen darstellt.
Und eins sollten wir nicht vergessen, nämlich dass Menschen mit Behinderungen als Expert*innen in eigener Sache bei solchen Entscheidungen immer hinzuzuziehen sind.
Unsere geschätzte Kollegin Sabine Neubauer, sie ist im Aufsichtsrat von „Behindert na und“ und sitzt selbst im Rollstuhl, hat einmal gesagt: „Für die meisten Menschen ist der Zustand der Nichtbehinderung nur vorübergehend.“ Deshalb denke ich, wenn wir uns jetzt schon Gedanken über ein inklusives Lebensumfeld machen, nützt es früher oder später uns allen! Deshalb möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal darum bitten, und das möchte ich als Antrag verstanden wissen, die Fortschreibung des Handlungsprogramms auch den Bezirksvertretungen zur Kenntnis zu geben, denn dort sitzen auch Menschen, die Entscheidungen treffen und die vielleicht an manchen Dingen noch etwas näher dran sind als die Rats- oder Ausschussmitglieder.
Schließen möchte ich mit einem Zitat von Hannelore Kraft aus dem Vorwort zum Landesaktionsplan Inklusion. Sie hat gesagt: „Ich bin fest davon überzeugt: Inklusion kann und wird gelingen, nicht von heute auf morgen, aber Tag für Tag ein Stück auf dem Weg zu einer Gesellschaft für alle. Lassen Sie uns gemeinsam dafür arbeiten, dass der Weg dorthin so kurz wie möglich ist.“
Das wünsche ich mir auch für Wuppertal!
Vielen Dank!