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Beteiligung eines strategischen Partners an der WSW Energie & Wasser AG

16. September 2008

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeistern,
sehr geehrte Stadtverordnete,

mit der Drucksache 0559 aus 2008 empfiehlt uns die Verwaltung heute, dem Verkauf von 33,1 % der Aktien an der WSW an die Electrabel Deuschland AG zuzustimmen.

Und es ist eine Menge Geld, die Electrabel für die Beteiligung bietet. Rund 300 Millionen Ä! Allein mit der Bareinlage könnte sofort der gesamte Kredit, mit dem die RWE-Anteile zurückgekauft wurden, getilgt werden.

Sehr verlockend.

Aber schauen wir doch erst einmal, wer da mit uns ins Geschäft kommen will:
Das Unternehmen Electrabel ist das, was man heute allgemein als Global Player der Energiewirtschaft bezeichnet. Es gehört zum Energiemulti Gaz de France (SUEZ) und möchte mit einer Beteiligung an den WSW im deutschen Markt Fuß fassen. Das ist der Hintergrund, warum das Unternehmen uns 145 Mio Ä in Bar und rund 150 Mio Ä an Sacheinlagen bietet.

Wie gesagt, sehr verlockend.

Schauen wir uns die Sacheinlagen an:
Das ist zum Einen die Beteiligung als Energieproduzent, die Beteiligung als Energielieferant und die Vermarktung. Darüber hinaus soll die WSW an einer Energieeffizenzargentur mit Sitz in Wuppertal beteiligt werden. Dadurch, so heißt es, wäre es möglich, das vorhandene Know How der WSW noch besser zu vermarkten.

Verlockend.

Auch wird uns eine Beteiligung an Anlagen zugesichert, die erneuerbare Energien produzieren sollen. Die Rede ist hier von einem Offshore Windenergie-Park und einem Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk.

Für GRÜNE sehr, sehr verlockend.

Aber, meine Damen und Herren,
Die Offshore Anlage ist leider, genau wie das GuD Kraftwerk reine Zukunftsmusik. Um nicht zusagen ein ökologisches Feigenblatt.

Und leider muss ich auch ansonsten feststellen, der Deal sieht nur auf den ersten Blick so verlockend aus.

Die Risiken, die mit der Kooperation mit dem Global Player verbunden sind, werden allerdings nirgends dargestellt oder einfach schön geredet.
Die CDU sagt dazu lediglich: „Wir verkaufen nicht das Tafelsilber“
Ich sage: Electrabel wird trotz der relativ niedrigen Einlage ein erheblicher, strategischer Einfluss auf die Geschäftspolitik der WSW eingeräumt, denn
wesentliche Entscheidungen dürfen nur im Konsenz getroffen werden. Konkret heißt das, Preispolitik gegenüber den Privatkunden in Wuppertal wird sich in Zukunft am shareholder-value ausrichten. Die Daseinsvorsorge wird dabei zwangsläufig in den Hintergrund rücken.

Hinzu kommt, dass man weitgehende Festlegungen hinsichtlich der zukünftigen Stromversorgungsstruktur getroffen hat. In der Pressemitteilung der WSW AG wird das so formuliert: (ich zitiere)
Bei 74,9 Prozent liegt der Anteil der WSW an der WSW Energielösungen GmbH, die als exklusive Vertriebsplattform von WSW und Electrabel in NRW dient. Sie soll Haushalts-, Gewerbe- und Industriekunden mit Strom, Gas und Energiedienstleistungen beliefern. Dazu wird das neue Unternehmen mit langfristigen Stromlieferverträgen ausgestattet. Dabei schließt die WSW mit der Electrabel einen langfristigen Stromliefervertrag über 40 Megawatt (Kohle) und 4 Megawatt (Wasserkraft) zu besonders günstigen Konditionen ab.“

Und dass “ meine Damen und Herren – ist dann der Punkt, an dem das Angebot für uns Grüne alles andere als verlockend erscheint.

Denn damit steigt die WSW AG langfristig in die klimaschädliche Kohlekraftwerks-Technologie ein, die lediglich einen Energieeffizienzgrad von 46 % aufweist.

Kurz auch das ist nicht verlockend.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Frage, auf welche Berechnungen die Kontingentvolumen beruhen.
Konkret gefragt: wenn Erfolge in der Energieeffizienz erzielt werden, hat dann die WSW AG die Möglichkeit, diese Mengenkontingente zu reduzieren? Oder heißt das nicht vielmehr, dass es ab sofort doch nicht mehr in unserem Interesse sein kann, die Bevölkerung zum Energiesparen aufzufordern. Wir wollen doch nicht auf „unserem“ Strom sitzen bleiben.

Auch das für Grüne alles andere als verlockend

Und auf noch eins möchte ich hinweisen: Diese strategische Bindung bedeutet gleichzeitig, dass für die WSW nur noch geringe Anreize bestehen, in Alternativen am Standort Wuppertal zu investieren.
Kapital wird für die Kohleverstromung in Norddeutschland gebunden, da man sich ja an den Kraftwerksplanungen beteiligen will. Das Geld steht dann natürlich nicht mehr für Investitionen in einen klimafreundlichen Energiemix zur Verfügung. Schon gar nicht hier in Wuppertal. Oder anders ausgedrückt: Was nutzt eine Energieeffizienzagentur in Wuppertal,
wenn in Niedersachsen gleichzeitig ein ineffizientes Kohlekraftwerk gebaut wird?

In diesem Bereich gibt es noch ganz erhebliche technische Möglichkeiten für eine dezentrale, umweltfreundliche Energieerzeugung.
Was in diesem Bereich alles möglich ist, hat das Wuppertal Institut jüngst in der Studie „INFRAFUTUR“ nachgewiesen. Eine erfolgreich Strategie und klare Zielsetzung mit der man in den nächsten 20 Jahren z.B. 20 % der Stromerzeugung aus regenerativen Energien beziehen will.

Verlockend, aber illusorisch?

Keineswegs. Wie das funktioniert, zeigen die Planungen der Stadtwerke München.

Im Ergebnis heißt das, unter Abwägung von Ökologie UND Ökonomie (denn diese Gesichtspunkte sollte man nicht trennen):
Die Verbesserungen in den Vertriebsmöglichkeiten können die eklatanten Nachteile und neuen Abhängigkeiten in der Erzeugungsstruktur nicht aufwiegen. Die Zeche werden letztendlich die Verbraucherinnen und Verbraucher in Wuppertal zu zahlen haben.
Und dass ist alles andere als verlockend, dass können und werden wir nicht mittragen.