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Resolution: Wuppertal erklärt sich zur TTIP/CETA freien Kommune

18. August 2015

Antrag an  den Hauptausschuss am 02.09.15 und an den Rat der Stadt am 07.09.15

Der Antrag wurde abgelehnt.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragt, die Mitglieder des Hauptausschusses und des Rates beschließen folgende Resolution des Klimabündnisses, dessen Mitglied Wuppertal ist:

Resolution

Die Klima-Bündnis Gemeinden bekräftigen, dass sie für gute Handelsbedingungen eintreten. Dabei sind sie aber der Überzeugung, dass sowohl CETA als auch TTIP die falschen Akzente setzen. Technische sowie tarifäre Handelsbarrieren können über andere Vertragswege, als über derart umfassende Abkommen erreicht werden.

Zu verstehen sind deshalb auch die Bedenken der europäischen, kanadischen und US-amerikanischen Zivilgesellschaft.

Die Stadt Wuppertal erklärt sich deshalb zur TTIP/CETA freien Kommune.

Mit der Erklärung zur TTIP/CETA freien Stadt oder Gemeinde werden folgende Forderungen an das nationale Parlament, an die Abgeordneten, die nationale Regierung, die Europa-Parlamentarier*innen sowie an das europäische Parlament verbunden:

•          Verbraucher-, Umwelt-, und Gesundheitsschutzstandards dürfen nicht in Frage gestellt oder „nach unten harmonisiert“ werden, weder durch CETA noch durch TTIP. Dies gilt auch für soziale und arbeitsrechtliche Standards und natürlich für die Menschenrechte. Dabei wäre auch die „gegenseitige“ Anerkennung keine Lösung, da so Produkte, welche nicht europäischen Normen / Standards entsprechen, dennoch in Europa angeboten werden dürften.

•          Gewachsene rechtsstaatliche Strukturen müssen bewahrt bleiben, das bedeutet auch, dass juristische Verfahren nicht vor privaten Schiedsgerichten ausgetragen werden dürfen, sondern vor rechtsstaatlichen Gerichten.

•          Die Souveränität der nationalen Parlamente muss gewahrt werden, damit diese u.a. ihrer Aufgabe gerecht werden können, im Sinne des Klimaschutzes, einer Energiewende und der Solidarität mit dem Süden aktiv zu werden. Entsprechend darf auch die derzeit geplante „regulatorische Kooperation“ (d.h. die Vorschrift, gesetzgeberische Initiativen eines Landes mit allen EU-Ländern sowie Amerika im Vorfeld abklären zu müssen) in dieser Form nicht umgesetzt werden.

•          Der Investorenschutz darf nicht über jenen der Allgemeinheit gesetzt werden, also Investorenrechte keine kommunalen Hoheitsrechte (z.B. Umweltauflagen u.a.m.) in Frage stellen dürfen.

•          Kommunen dürfen in ihrem politischen Gestaltungsspielraum bezüglich der Wahrung hochwertiger öffentlicher Dienstleistungen, der öffentliche Beschaffung nicht beschnitten sowie ihre Rechte auf Regulierung nicht eingeschränkt werden: Die Berücksichtigung ökologischer, Verbraucher*innen schützenden und sozialer Komponenten ist ein Hauptmerkmal der Klima-Bündnis-Gemeinden und muss gewahrt werden.

•          Eine maximale Transparenz muss hergestellt werden; dies bedeutet eine Offenlegung aller verhandlungsrelevanten Dokumente. Gleichzeitig gilt es während der gesamten Verhandlungsdauer in den nationalen sowie im Europäischen Parlament eine breite Debatte unter Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Organisationen sicherzustellen.
Begründung:
Die EU-Kommission plant, sowohl ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA-Abkommen) sowie zwischen EU und den USA zu verabschieden. Während gemäß der zuständigen Handelskommissarin Cecilia Malmström die Verhandlungen betreffend CETA abgeschlossen sind (gegebenenfalls nur noch einige technische Nachbesserungen zulässig wären), sind jene betreffend TTIP noch immer in vollem Gange.

Während Befürworter*innen der Abkommen wiederholt versprechen, ökologische, soziale und Verbraucherschutzstandards würden nicht in Frage gestellt, befürchten die Gegner*innen genau diesen Umstand. Dabei gibt ihnen die Realität leider Recht: das fertiggestellte (aber noch nicht unterschriebene) 1.500 Seiten starke CETA-Abkommen beinhaltet eine weitreichende Infragestellung gerade dieser Rechte. Dabei gilt CETA als Referenz für die TTIP-Verhandlungen. Bekräftigt wird die negative Analyse zudem durch geleakte Verhandlungsprotokolle im Dossier TTIP, die gerade aufzeigen, dass gesellschaftliche Errungenschaften im sozialen und ökologischen Sektor in Frage gestellt werden.

Auch die Befürworter*innen von CETA und TTIP geben an, der größte Nutzen der Freihandelsabkommen sei vor allem durch den Abbau nicht-tarifärer Hemmnisse zu erwarten. D.h. de facto primär auch Normen, Grenzwerte oder Standards. Dabei sind der ökonomische Nutzen, sowie die Auswirkungen der Freihandelsabkommen auf die Arbeitsplätze äußerst umstritten. Entsprechend veröffentlicht auch die EU-Kommission keine Prognosen und europaweit wenden sich verstärkt Gewerkschaften gegen CETA und TTIP. Befürchtet wird kein ökonomischer Gewinn, sondern ein Verlust von Arbeitnehmerrechten, Arbeitsplatzverlagerungen und Rationalisierungen im Interesse von multinationalen Konzernen.

CETA und TTIP basieren auf dem Prinzip des übergeordneten Investorenschutzes. Auch wenn im Interesse von Handelsbeziehungen Investorenrechte zu wahren sind, so dürfen diese jedoch nicht den Interessen der Allgemeinheit überlagert sein, was bei CETA und TTIP der Fall wäre. Es besteht die Gefahr, dass heutige Verhandlungstexte sogar weitreichende Entschädigungsklagen von Investoren gegenüber Städten und Gemeinden, welche Standards setzen wollen, mit sich bringen könnten.

CETA und TTIP haben gravierende Folgen für die Ziele, denen sich die Klima-Bündnis-Kommunen weltweit verschrieben haben. Sowohl was den Klimaschutz, die Stärkung der Regionalität als auch die Rechte der Länder des Südens betrifft. Dies zumal da bewusst ist, dass sowohl CETA als auch TTIP Antworten auf das Scheitern von WTO-Verhandlungen darstellen, bei denen sich die Länder des Südens für ihre Rechte eingesetzt hatten.

Da derzeit auch keine grundsätzliche Ausnahme der öffentlichen Dienstleistungen von den Vertragstexten erfolgt, ist eine weitere Liberalisierung und Privatisierung kommunaler Dienstleistungen zu befürchten. Vor allem auch eine Rekommunalisierung von öffentlichen Dienstleistungen würde erschwert (u.a. durch die sogenannte Standstill- und Ratchet-Klauseln).

Die Klima-Bündnis-Städte und -Gemeinden stehen zudem für einen Rechtsstaat, der auf Bürgerrechten, starken Kommunen sowie auf der Souveränität der nationalen Parlamente basiert. Jene Errungenschaften Europas riskieren mit CETA und TTIP in Frage gestellt zu werden.

Mit freundlichen Grüßen

Anja Liebert                                                                Marc Schulz
Fraktionsvorsitzende                                                   Fraktionsvorsitzender