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Resolution Finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen auch in extremen Lagen schützen und garantieren

2. September 2021

Gemeinsamer Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE an den Rat der Stadt Wuppertal am 07.09.2021

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

die Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE bitten Sie, folgenden Antrag auf die Tagesordnung der Ratssitzung am 07.09.2021 zu nehmen:

Der Rat der Stadt Wuppertal beschließt die folgende Resolution an die Bundesregierung und den Bundestag sowie die Landesregierung und den Landtag Nordrhein-Westfalens:

Die Stadt Wuppertal fordert die Bundesregierung, den Bundestag, die Landesregierung und den Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen auf, die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen während und nach der Corona Pandemie sowie bei Extremwetter-Ereignissen wie der kürzlich erfolgten Flutkatastrophe zu gewährleisten.

 

Dazu fordert der Rat der Stadt Wuppertal den Bund auf:

  • Die Mindereinnahmen der Kommunen aus der Erhebung der Gewerbesteuer entsprechend der Regelung des früheren Art. 143h des Grundgesetzes (GG) gemeinsam mit den Ländern in den Jahren 2021 und 2022 entsprechend der Regelung des Jahres 2020 auszugleichen.
  • Die Beteiligung des Bundes an Sozialtransferaufwendungen, vorrangig den Kosten der Unterkunft nach SGB II weiter deutlich zu erhöhen.
  • Den Beitrag zu einer strukturellen Lösung des Altschuldenproblems gemeinsam mit den Ländern zu leisten.

 

Dazu fordert der Rat der Stadt Wuppertal das Land Nordrhein-Westfalen auf:

  • Den „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ zu einer kommunalen Kredithilfe weiterzuentwickeln und damit das Problem der kommunalen Altschulden vor dem Hintergrund des Zinsänderungsrisikos verlässlich und nachhaltig zu lösen. Der kommunale Eigenanteil muss dabei auf ein leistbares Maß begrenzt werden.
  • Nach dem Vorbild des Gesetzes zum Ausgleich von Gewerbesteuermindereinnahmen der Gemeinden in Folge der COVID-19- Pandemie durch Bund und Länder, umgehend eine Ausgleichsregelung für die kommunalen Einnahmeausfälle aus der Gewerbe- und Einkommensteuer für die Jahre 2021 und 2022 zu konzipieren und umzusetzen. Dabei darf die Entlastung nicht davon abhängig gemacht werden, ob und in welcher Höhe sich der Bund an den Lasten beteiligt.
  • Das Gesetz zur Isolierung der aus der COVID-19-Pandemie folgenden Belastungen der kommunalen Haushalte im Land Nordrhein-Westfalen (NKF-CIG) um eine angemessene Beteiligung des Landes an der Tilgung der auf die COVID-19-Pandemie entfallenden Liquiditätskredite zu ergänzen.
  • Die Kompensation der Steuerausfälle im Rahmen der Verbundmasse des Gemeindefinanzierungsgesetzes auch für das Jahr 2022 sicherzustellen und als echten, in den Folgejahren nicht anzurechnenden Zuschuss des Landes vorzunehmen und damit auf eine spätere Rückzahlung durch die Gemeinden zu verzichten.
  • Die Fortführung der Corona-Hilfen für die kommunalen Unternehmen auch für die Jahre 2021 und 2022 sicherzustellen, insbesondere für die kommunalen Verkehrsbetriebe.
  • Einen nachhaltigen und verlässlichen Kulturrettungsfonds zur Unterstützung kommunaler Kultureinrichtungen aufzulegen, aus dem Verluste kompensiert und Investitionen zur Ermöglichung des Betriebs unter Pandemiebedingungen gefördert werden können.
  • Für eine kostendeckende Finanzierung der Folgekosten der Ausstattung von Schulen, Schülerinnen und Schülern sowie der Lehrerinnen und Lehrer mit einer digitalen Infrastruktur zu sorgen, dazu gehört ausdrücklich auch der Personalbedarf für den Support und die Administration der Geräte genauso, wie die Nach- und Ersatzbeschaffungen in den kommenden Jahren.
  • sich für einen steuerfinanzierten Nahverkehr und den deutlichen Ausbau des Leistungsangebotes im ÖPNV und SPNV einzusetzen. Ziel des Ausbaus soll sein, die Fahrgastzahlen, bezogen auf das Jahr 2019, in den nächsten Jahren im Sinne einer nachhaltigen Verkehrswende zu verdoppeln, um einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der notwendigen Klimaziele zu erzielen.
  • Eine angemessene Erstattung der Hochwasserschäden aus dem Wiederaufbaufonds von Bund und Ländern sicherzustellen. Dabei müssen auch die Schäden an der kommunalen Infrastruktur angemessen berücksichtig werden. Eine schnelle Erstattung und Auszahlung muss ebenso sichergestellt werden wie eine einfache und verwaltungsarme Gestaltung der Richtlinien.

 

Begründung:

Die Städte und Gemeinden sind das Fundament unseres föderalen Staates.

Wir sind es auch hier in Wuppertal, die die Krise an vorderster Front bewältigen, angefangen bei der Arbeit der kommunalen Gesundheits- und Ordnungsämter, über die schlagartig gewachsenen Aufgaben im Rahmen der Heimaufsicht und -trägerschaft, der lokalen Organisation von Impfungen und Tests bis hin zur Verantwortungsübernahme für die Aufrechterhaltung von Bildung und Betreuung unter den Bedingungen von Pandemie und Lockdown. Gerade hier in Wuppertal waren und sind es die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kommunalen Verwaltungen, der kommunalen Tochtergesellschaften und die unzähligen Ehrenamtlichen, auf die wir Wuppertalerinnen und Wuppertaler uns verlassen können.

Unsere Städte und Gemeinden können diese Aufgaben nur schultern, wenn sie selbst handlungsfähig sind und bleiben. Neben einer ausreichenden Personalausstattung braucht auch Wuppertal vor allem das dazu notwendige Geld. Die Corona-Pandemie verschlechtert nochmals die Haushaltslage in den Kommunen. Die anhaltende strukturelle Unterfinanzierung der nordrhein-westfälischen Kommunen erhält in der Krise eine neue Brisanz.

Wenn Bund und Land jetzt nicht zügig handeln, drohen unseren Kommunen in eine neuerliche finanzielle und damit soziale und infrastrukturelle Abwärtsspirale zu rutschen. Bereits unabhängig von den negativen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie waren und sind unsere Kommunen strukturell unterfinanziert. Insbesondere die Sozialtransferaufwendungen und die Altschulden stellen Risiken für den kommunalen Haushalt dar. Städte und Gemeinden werden Zinsanstiege und erhöhte Aufwendungen und Ertragsminderungen im Falle einer weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Gesamtlage nicht kompensieren können.

Die verheerende Flutkatastrophe vom 14. Juli 2021 führt zu einer Welle der Hilfsbereitschaft und Solidarität in unserem Land. Die Flut und ihre Folgen werden das Leben vieler Familien noch lange belasten. Der Wiederaufbau wird immens viel Geld und noch mehr Zeit kosten. Es ist gut, dass mit den Soforthilfen schnell und unbürokratisch Hilfe geleistet wird. Jetzt muss der Wiederaufbaufonds von Bund und Land sehr schnell aktiv werden, um den Wiederaufbau zu ermöglichen und zu unterstützen.

Mit gemeinsamen Kraftanstrengungen vor Ort und mit Hilfe des Landes der vergangenen zehn Jahre durch den Stärkungspakt Stadtfinanzen ist es uns gelungen, den laufenden Haushalt in Wuppertal auszugleichen. Nach aktuellen Schätzungen geht der Städte- und Gemeindebund für die kommenden Jahre von einem jährlichen Fehlbetrag von rund 3,5 Milliarden Euro aus. Vor diesem Hintergrund muss die Landesregierung nun zügig handeln und die bislang nur für die Jahre 2020 bzw. im Falle des GFG 2021 beschlossenen Hilfen nicht nur fortschreiben, sondern auch weiterentwickeln. Es reicht dauerhaft nicht aus, Bilanzierungshilfen zu ermöglichen und Kredite zu gewähren. Vergleichbar zum Gesetz zum Ausgleich von Gewerbesteuermindereinnahmen der Gemeinden in Folge der COVID-19-Pandemie durch Bund und Länder (GewStAusgleichsG) brauchen die nordrheinwestfälischen Städte, Kreise und Gemeinden, aber auch die kommunalen Unternehmen, auch in den kommenden Jahren echte Zuschüsse von Bund und Land.

Denn nur wenn wir in Wuppertal wieder Eigenkapital aufbauen können und unsere Liquiditätskredite zurückführen können, wird der städtische Haushalt eine gesicherte Perspektive und Zukunftsfähigkeit haben können.

 

Mit freundlichen Grüßen

Caroline Lünenschloss           Ludger Kineke                         Yazgülü Zeybek

Paul Yves Ramette                Susanne Herhaus                  Gerd-Peter Zielezinski