Projektpartnerschaft Wuppertal – Kamjanske
Gemeinsamer Antrag der Fraktionen von SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Linkes Bündnis an den Hauptausschuss am 07.07.2025 und an den Rat der Stadt Wuppertal am 08.07.2025
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Schneidewind,
die Fraktionen von SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und LINKES BÜNDNIS beantragen, der Rat der Stadt Wuppertal möge die Bildung einer Projektpartnerschaft zwischen der Stadt Wuppertal und der Stadt Kamjanske entsprechend der beiliegenden Vertragsskizze beschließen.
Begründung:
Der Rat der Stadt Wuppertal hatte die Arbeitsgemeinschaft der Städtepartnerschaftsvereine und Freundeskreise der Partnerstädte Wuppertals einstimmig beauftragt, eine geeignete Kommune in der Ukraine zur Bildung einer Projektpartnerschaft zu identifizieren. Eine Projektpartnerschaft gilt dabei nicht als Städtepartnerschaft im klassischen Sinne, sondern als eine oft zunächst auf Zeit angelegte Kooperation, die an konkrete gemeinsame Projekte geknüpft ist. In diesem Sinne wurde zunächst eine Reihe von Kontakten mit Engagement Global, dem ukrainischen Konsulat, anderen deutschen Städten, die bereits eine Projektpartnerschaft mit einer ukrainischen Kommune gegründet haben und einige politischen Instanzen aufgebaut. Dabei kam es zu mehrfachen Empfehlungen zu der Kommune Kamjanske, einer im südöstlichen Teil der Ukraine liegende Stadt mit ansässiger Industrie, Universität und rund 230.000 Einwohnern. Kamjanske liegt rund 80 km entfernt von der derzeitigen Front und ca. 35 km von der Stadt Dnipro, das in der letzten Woche Zielscheibe mehrerer russischen Angriffe mit Toten und Verletzten gewesen ist. Kamjanske liegt außerdem im Fördergebiet des Landes NRW, nämlich in der Oblast Dnipropetrowsk. Nachdem erste Videokontakte mit Kamjanske vielleicht aus Gründen bestehender Kulturunterschiede nicht ganz einfach verlaufen waren, zumindest eine Empfehlung an den Rat der Stadt nicht rechtfertigen konnten, blieb die Möglichkeit, unmittelbare Gespräche vor Ort zu führen und umfassende Eindrücke zu sammeln. Diese Reise nach Kamjanske wurde vom 22. bis 26. Juni 2025 von den Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft
– Heiner Fragemann, Bürgermeister
– Anna Volkova, in der Ukraine aufgewachsene Pastorin der Wuppertaler Kirche im Tal,
– Arno Gerlach, u.a. Vorsitzender des Freundeskreises Be´er Sheva, und
– Klaus Schneider-Ott, Koordinator der Arbeitsgemeinschaft der Städtepartnerschaftsvereine Wuppertals, wahrgenommen.
Anlässlich des Besuchs in Kamjanske kam es zu zahlreichen Gesprächen, Begegnungen und Präsentationen mit bzw. durch unterschiedlichste(n) Personen. Dazu zählen
– der Bürgermeister und seine unmittelbaren Vertreterinnen und Vertreter
– verschiedene Amtsleiterinnen und -leiter
– Verantwortliche von sozialen, medizinischen und psychotherapeutischen Einrichtungen
– ehrenamtliche als Träger sozialer Hilfswerke für Binnenflüchtlinge
– Veteranen (oft Kriegsverwundete)
– Angehörige von im Krieg gefallene Soldatinnen und Soldaten
Dabei vertiefte und bestätigte sich der Eindruck, dass sich Kamjanske nicht als Almosensuchende versteht, sondern mit eigener Kraft und entsprechender Energie zahlreiche Lösungen und Verbesserungen anstrebt und auch erreicht hat. So agiert Kamjanske nicht nur im Sinne der eigenen Stadtgesellschaft, sondern sehr intensiv in der Aufnahme, Betreuung und Entwicklung von Binnenflüchtlingen. Seit Kriegsbeginn hat Kamjanske 31.00 Binnenflüchtlinge unterstützt. Entsprechend eines solchen Selbstverständnisses sind die getroffenen Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner auch nicht ohne Stolz auf das schon Erreichte. Folgerichtig legen sie Wert auf eine Kooperation „auf Augenhöhe“. Dennoch gibt es verständlicherweise zahlreiche Themen und Probleme, die Unterstützungsbedarf anzeigen und wo, unter anderem, bürgerschaftliches Engagement der Wuppertaler Bevölkerung Linderung erzeugen könnte. Nach den Beobachtungen und gewonnenen Eindrücken kann der Stadt aus unserer Besuchersicht durchaus ein hohes Maß an Leistungsfähigkeit und auch Schnelligkeit in der Bewältigung von Problemstellungen bescheinigt werden. Die Arbeitsgemeinschaft der Städtepartnerschaftsvereine Wuppertals, bestehend aus den Vorsitzenden der Partnerschaftsvereinen und Freundeskreise, die auch in anderen Projekten eng zusammenarbeiten, hat über den unternommenen Besuch in Kamjanske eine Reihe von Engagements mit ukrainischem Bezug identifiziert. So existieren in Wuppertal Vereine, Verbände, Kirchen und andere informelle Verbindungen, die sich der aktiven Ukrainehilfe annehmen. Die entstandenen Kontakte lassen erkennen, dass mit vereinten und gebündelten Kräften schon jetzt eine umfassendere, gezieltere und bedarfsbezogener Unterstützung möglich wird. Ein nennenswertes Risiko für die Stadt Wuppertal ist damit nicht verbunden. Da zumindest noch kein Städtepartnerschaftsverein für Kamjanske existiert, sieht sich die Arbeitsgemeinschaft der Städtepartnerschaftsvereine Wuppertals in der Rolle, den Start in eine funktionsfähige Projektpartnerschaft zu initiieren. Dazu besteht die Absicht,
– eine Basis für die Zusammenarbeit mit Kamjanske zu entwickeln,
– den Unterstützungsbedarf zu erheben,
– finanzielle Fördermöglichkeiten des Bundes und des Landes NRW zu eruieren und ggf. zu nutzen,
– Engagements der Ukrainehilfe zusammenzuführen, zu koordinieren und zu stärken.
Mit freundlichen Grüßen
gez.
Heiner Fragemann, Bürgermeister
Michael Wessel und Hans-Jörg Herhausen, Fraktionsvorsitzende
Dagmar Liste-Frinker, Bürgermeisterin
Karin van der Most und René Schunck, Fraktionsvorsitzende
Susanne Herhaus und Gerd-Peter Zielezinski, Fraktionsvorsitzend