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Klimaschutz und Klimafolgenanpassung – jetzt! Klimaneutral bis 2035!

2. September 2021

Gemeinsamer Antrag der Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an den Hauptausschuss am 02.09.2021 und den Rat der Stadt Wuppertal am 07.09.2021

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

die Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragen, die Mitglieder des Rates mögen beschließen:

Unter Berücksichtigung des Integrierten Klimaschutzkonzeptes (IKSK), der Sondierungsstudie „Wuppertal klimaneutral 2035“ des Wuppertal Institutes und des 14-Punkte-Paketes für mehr Klimaschutz in Wuppertal beschließt der Rat folgende Maßnahmen:

  1. Auf dem Weg zur Klimaneutralität 2035

Die Verwaltung erarbeitet kurzfristig einen Stufenplan zur Ermöglichung einer Klimaneutralität 2035 mit klaren Zielsetzungen, Meilensteinen in Zeitabschnitten sowie Evaluationsmechanismen. Bis Ende des Jahres 2021 soll eine Planung der notwendigen Schritte und eine Kostenschätzung vorgelegt werden, die dann im I. Quartal 2022 in die Ratsgremien eingebracht wird.  Darin enthalten sein sollen Umsetzungsmaßnahmen aus dem Integrierten Klimaschutzkonzept, diesem vorliegenden Antrag sowie weiteren Zielen, die die Verwaltung definiert. Die Wuppertaler Stadtwerke werden beauftragt, in gleicher Weise und in den gleichen Fristen einen möglichen Weg zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2035 aufzuzeigen.

  1. Solaroffensive für Wuppertal

Die Stadt Wuppertal startet eine Solaroffensive in enger Zusammenarbeit mit GMW, GWG, WSW, AWG, der Stadtsparkasse, der Handwerkskammer, der IHK, dem Jobcenter, Haus & Grund und den Bürgergenossenschaften und privaten Betreiberunternehmen. Beginnend mit dem Jahr 2022 werden in den kommenden 4 Jahren mindestens 100 weitere kommunale Gebäude oder Flächen   mit Solaranlagen ausgestattet. Zusätzlich soll eine stadtweite, konzertierte Aktion der genannten Organisationen angestoßen werden, damit auch geeignete Dächer oder Flächen in privatem Eigentum mit Solaranlagen ausgestattet werden.

Die Stadt erarbeitet, basierend auf den geltenden Bestimmungen, eine Handreichung für Privateigentümer und Firmen, wie die verstärkte Installation von Solaranlagen und Photovoltaik auf und an Gebäuden (inkl. Denkmäler) gestaltet und finanziert werden kann, informiert über notwendige Formalitäten und unterstützt aktiv in diesen Prozessen.

Mit einer aktiven Ansprache werden private und gewerbliche Eigentümer von Gebäuden durch die Stadt mittels Beratung und Informationsmaterial (persönlich, postalisch oder elektronisch) auf Förderprogramme hingewiesen und erhalten die erarbeitete Handreichung. Diese Informationen werden bei Terminen im bzw. Kommunikationen mit dem Bauamt standardmäßig weitergereicht und aktiv auf die Vorteile hingewiesen.

Die Verwaltung wird beauftragt, bis zum Jahresende ein Umsetzungskonzept für die genannten Maßnahmen zu erarbeiten und den Ratsgremien vorzulegen.

Damit soll erreicht werden, dass pro Jahr eine große Anzahl neuer Anlagen (angestrebte Richtgröße 2.000 Anlagen) neu errichtet wird.  Im Bewusstsein dessen, dass die Bestimmungen z.B. zu Mieterstrom, Quartiersnetze und Denkmalschutz einen Ausbau verzögern können, ist auf diese Themen, die größtenteils auf Bundes- und Landesebene geregelt sind, Rücksicht zu nehmen, die dortigen Spielräume sind maximal auszunutzen.

Ein „Solarcheck“ wird eingeführt: Die Möglichkeit, in zukünftigen Bebauungsplänen oder bei ohnehin erfolgender Anpassung derselben die Installation von Solaranlagen vorzuschreiben, ist jeweils zu prüfen. Für den Bestand und Gebiete ohne B-Plan sind entsprechende Empfehlungen und Anregungen, auch unter Nutzung und Promotion des vorhandenen Solarkastasters auszusprechen. Insbesondere soll dieses immer dann geschehen, wenn ein Gebiet in den Gremien (auch außerhalb regulärer B-Pläne) gerade behandelt wird. Ziel ist, dass das Thema in den Beratungen präsent bleibt und somit Potenziale maximal genutzt werden.

  1. Wärmewende

Die Stadt Wuppertal legt ein Programm zur Wärmedämmung von Bestandsimmobilien auf und nutzt die einzigartige Gelegenheit des Solar Decathlon 2021, um Projekte in Wuppertal zu unterstützen, entsprechende Fördermittel anzuwerben sowie Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben.  Die Wärmewende in Wuppertal muss den Schwerpunkt auf Heizenergie auf Basis von Nahwärmenetzen bevorzugt durch Nutzung von Geothermie und Fernwärme aus dem Müllheizkraftwerk. Die bestehenden Netzstrukturen sind auch unter Investitionsschutzaspekten langfristig zu nutzen bzw. weiterzuentwickeln. Entsprechende Maßnahmen in diesem Bereich werden eng mit den WSW abgestimmt auch für den Fall, dass die Leistung des MHKW zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund abnehmender Mengen zurückgehen sollte, für diesen Fall ist eine passende Strategie zu entwickeln. Die Zusammenarbeit mit lokalen Expertise-Einheiten wie dem Circular Valley, Wuppertal Institut und anderen werden für weitreichende Erkenntnisse und Potenziale im Rahmen der Kreislaufwirtschaft und Wärmewende intensiviert. Auch hierzu wird die Verwaltung beauftragt, bis Jahresende ein Umsetzungskonzept vorzulegen.

  1. Mobilität in Wuppertal

a) Die Stadtverwaltung erarbeitet kurzfristig ein Konzept, das die möglichen Elemente zur Förderung der Verkehrswende beinhaltet (ÖPNV, Rad- und Fußverkehr, Stellplätze und Parkraum) und die Wechselbezüge sichtbar macht. Dieses Konzept soll den Gremien zur Beratung und politischen Beschlussfassung vorgelegt werden.

b) Im Austausch mit den Bezirksvertretungen werden weitere Standorte für Mobilitätsstationen identifiziert. Es wird eine zeitlich konkrete Planung des Ausbaus für die nächsten Jahre erarb Zu diesem Zwecke werden Mobilitätsstationen auch Bestandteil der städtebaulichen Verträge von größeren Bauprojekten. Der Ausbau der Mobilitätsstationen wird konzeptionell mit dem Ausbau der E-Ladestationen in Einklang gebracht (siehe 4d).

c) Ein ganzheitliches Mobilitätskonzept für öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Kitas und Behörden wird erarbeitet.

d) Der Ausbau der E-Ladestationen wird forciert bzw. beschleunigt. Dafür dient ein zu erstellendes E-Ladestation-Konzept stadtteilbezogener Bedarfsplanung als Grundlage. Auch die Nutzung vorhandener Ladestationen z.B. von Gewerbetrieben ist hier soweit möglich einzubeziehen.

  1. Klimagerechtes Bauen

Die Verwaltung startet eine Bebauungsplan-Initiative, d.h. Bebauungspläne werden bei Bedarf klimagerecht überarbeitet, um beispielsweise wirtschaftliche Investitionen im innerstädtischen Bereich zu fördern. Die Verwaltung wird beauftragt, die Umsetzungsmöglichkeiten zu erarbeiten und den Ratsgremien vorzulegen.  Weiter oben genannte Punkte wie 2. (Solaranlagen) sollen hier einfließen.

Alle geplanten kommunalen Großprojekte werden auf ihre Klimatüchtigkeit (insbesondere Schutz gegen Extremwetterereignisse) überprüft und ggf. durch klimafreundliche Maßnahmen zukunftssicher gestaltet. Auch bei bereits laufenden Projekten ist eine solche Prüfung sicherzustellen, gegebenenfalls nachzuholen.

  1. Blau-Grüne Infrastruktur stärken – Resilienz im Klimawandel

Die Stadt Wuppertal erarbeitet ressortübergreifend einen Hitzeaktionsplan und bewirbt sich auf Landesebene als Modellkommune für die Umgestaltung in eine „Schwammstadt“ (siehe auch Antrag VO/1043/21/1-Neuf.). Weitere Maßnahmen zur Renaturierung der Wupper und ihrer Nebengewässer werden beschleunigt umgesetzt.  Zudem sollen Flächen für Regenrückhaltebecken und andere Retentionsmaßnahmen identifiziert und gemeinsam mit den WSW realisiert werden. Die Möglichkeit, dass private Grundstückseigentümer geeignete Grundstücke bzw. deren Untergrund zur Verfügung stellen, ist zu prüfen. Die Starkregengefahrenkarte ist, wo noch nicht geschehen, grundstücksscharf auf das gesamte Stadtgebiet auszubauen.

Die Lockerung des Anschluss- und Benutzungszwanges an die Regenwasserkanalisation zu Gunsten einer Versickerung von Regenwasser auf privaten Grundstücken wird geprüft. Zukünftiger Maßstab muss hier zukünftig die jeweils ökologisch, klimatechnisch und hydrologisch/wasserwirtschaftlich und hinsichtlich des Flutschutzes sinnvollste Lösung sein.  Um dies mit den formalen Anforderungen, den technischen Anforderungen des Kanalbetriebs, dem Kostenmanagement (Sicherung der Betriebskosten) und fiskalischen Fragen in Einklang zu bringen, sind hier entsprechende kreative Lösungskonzepte zu erarbeiten, die rechtlich abgesichert sind.

  1. Öffentlichkeitsarbeit

Die Stadt Wuppertal legt ein Konzept der Öffentlichkeitsarbeit vor, das die Wuppertaler*innen über die Themen Energiewende, Energieeffizienz, Mobilitätswende, Ressourcenverbrauchsminderung, Müllvermeidung, Solaranlagen auf dem eigenen Dach, Wärmewende, Versickerung, Hochwasserschutz etc. aufklärt und zu einer klimafreundlicheren Lebensweise motiviert.

  1. Sachstandsbericht Umsetzung des 14-Punkte-Paketes (VO/0535/20)

Mit der Drucksache (VO/0535/20) wurde 2020 die Umsetzung des 14-Punkte-Paketes für mehr Klimaschutz in Wuppertal“ beschlossen. Die Verwaltung legt einen Sachstandsbericht vor, der den konkreten Fortschritt bei der Umsetzung der 14 Punkte dokumentiert und darlegt, welche weiteren Schritte zur Umsetzung geplant sind.

  1. Selbstverständnis der Städte im Klimaschutz

Wuppertal kann als Stadt offensiver Akteur für mehr Klimaschutz, für die Klimafolgeanpassung und die Energiewende sein. Dieses Selbstverständnis muss in allem kommunalen Handeln verankert werden. Der Oberbürgermeister wird aufgefordert, sich auf Landes- und Bundesebene dafür einzusetzen, dass Klimaschutz und Klimafolgenanpassung als kommunale Pflichtaufgabe definiert werden.

  1. Interkommunale Zusammenarbeit

Die Zusammenarbeit der Städte und Kreise im Bergischen Land muss auf Grundlage der Bergischen Erklärung zur Erreichung einer „100% Erneuerbare Energie Region Bergisches Land“   intensiviert werden.

  1. Finanzierung
    Die Kosten der in Betracht kommenden Maßnahmen werden ermittelt, es ist von einer deutlich höheren Refinanzierung durch Bund und Land auszugehen, als das bisher der Fall war.

 

Begründung:

Einen schlimmeren Weckruf als durch die Unwetterkatastrophe Mitte Juli in NRW und Rheinland-Pfalz hätte es kaum geben können. Bereits der Orkan Kyrill 2007, das Starkregenereignis 2018 oder die Hitzesommer der vergangenen Jahre zeigten, dass wir uns mitten im Klimawandel befinden mit unmittelbar spürbaren Auswirkungen.

Daher muss die Stadt Wuppertal schnellstens alle erdenklichen Maßnahmen für mehr Klimaschutz und für die Klimafolgenanpassung umsetzen.

Dafür werden auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene viele Förderprogramme aufgelegt, von denen die Stadt profitieren kann, wenn entsprechend viele Förderanträge gestellt werden. Kommunen wie Wuppertal können den Herausforderungen des Klimawandels nur erfolgreich begegnen, wenn sie dafür entsprechende finanzielle Mittel anwerben. Daher ist die Fördermittelakquise der Schlüssel für den erforderlichen Handlungsspielraum und hat oberste Priorität.

Besonders wichtig ist der Ausbau der Erneuerbaren Energien, die Umsetzung der Wärme- und Mobilitätswende. Aber auch im Bereich des Bauwesens muss konsequent auf Klimafreundlichkeit gesetzt werden. Dabei geht es auch um die Förderung des kommunalen Handwerks, das durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien enorm profitiert.

Soziale Komponenten, wie der Schutz der Gesundheit von vulnerablen Personengruppen wie beispielsweise Kleinkinder und Senior*innen, müssen im Rahmen eines Hitzeaktionsplanes und bei der Umgestaltung Wuppertals zur Schwammstadt einen hohen Stellenwert haben.

Nicht nur die Verwaltung muss intensiv an der Klimaneutralität arbeiten, auch Bürgerinnen und Bürger sowie ansässige Unternehmen sind gefragt, sich aktiv am Klimaschutz zu beteiligen. Daher sind eine intensive Öffentlichkeitsarbeit und eine Vorbildfunktion der Stadt unerlässlich. Darüber hinaus sind sich bereits sehr viele Bürger*innen der hohen Bedeutung von intensivem Klimaschutz bewusst und wollen sich im Rahmen eines Klima-Bürger*innen-Rates aktiv an der klimagerechten Entwicklung ihrer Stadt beteiligen.

Die Stadt Wuppertal muss sich und den Bürgerinnen und Bürgern, auch im Sinne ihres Auftrags der Daseinsvorsorge, bewusst machen, welche Verantwortung sie als Kommune bei der Erreichung der Klimaziele trägt, und zügig alle Maßnahmen umsetzen, die in ihrer Macht stehen.

 

Mit freundlichen Grüßen

Caroline Lünenschloss, Ludger Kineke

Fraktionsvorsitzende

Yazgülü Zeybek, Paul Yves Ramette

Fraktionsvorsitzende