Startseite > Housing First

Housing First

5. April 2022

Gemeinsamer Antrag der Fraktionen von SPD, CDU, Bündnis 90/DIE GRÜNEN, FDP und DIE LINKE an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit am 15.03.2022, an den Hauptausschuss am 31.03.2022 und an den Rat der Stadt Wuppertal am 05.04.2022

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrter Herr Ramette,

die Fraktionen von SPD, CDU, Bündnis 90/DIE GRÜNEN, FDP und DIE LINKE beantragen, die Mitglieder des Rates mögen in ihrer nächsten Sitzung beschließen:

1. Die Verwaltung wird aufgefordert, gemeinsam mit den wesentlichen Trägern der Obdachlosenhilfe ein Housing-First Konzept zu erarbeiten. Dieses soll langfristig dazu beitragen, die Zahl von obdachlosen Menschen in Wuppertal signifikant zu senken. Ziel des zu erarbeitenden Konzeptes soll es sein, Wohnungen dauerhaft für die Nutzung durch das Konzept von Housing First mithilfe folgender Schritte umzuwidmen:
a) Prüfen, welche Wohnungen im Besitz der Stadt Wuppertal bereits jetzt für Housing First geeignet sind.
b) Bei privaten Vermietern sich dafür einzusetzen, eine Nutzung von Wohnungen im Rahmen von Housing First zu ermöglichen (also eine direkte Vermietung an die von Wohnungslosigkeit Betroffenen nach Vermittlung durch Träger oder der Stadt Wuppertal).
c) In Kooperation mit Trägern, die sich an Housing First beteiligen möchten, die Suche aufzunehmen nach Wohnungen, die für Housing First genutzt werden können, oder die Vermieter bereit sind, diese auch an Betroffene zu vermieten.
d) Eine geeignete Anzahl an Wohnungen für Housing First (ggf. in vorgenannter Kooperation) für einen Modellversuch zur Verfügung zu stellen.
e) Eine gezielte Verteilung entsprechender Wohnungen über das gesamte Stadtgebiet zu gewährleisten.

2. Die Verwaltung wird aufgefordert, gemeinsam mit den wesentlichen Trägern der Obdachlosenhilfe zu prüfen, ob kurz- und mittelfristig Wohnungen für Housing First für einen Modellversuch zur Verfügung gestellt werden können. Die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH Wuppertal (GWG) wird aufgefordert bis August 2022 zu prüfen, inwiefern aus ihrem Bestand Wohnraum für ein Housing-First-Modellprojekt zu einem adäquaten Mietzins zur Verfügung gestellt werden könnten.

3. Die Verwaltung wird aufgefordert, die soziale Betreuung im Rahmen von Housing First über die lokalen Träger sicherzustellen. Hierzu wird die Verwaltung beauftragt zur finanziellen Absicherung der psychosozialen Betreuung Gespräche mit dem Landschaftsverband Rheinland im Hinblick auf eine zumindest teilweise Kostenübernahme zu führen. Das eingesetzte Personal soll dabei mit dem Konzept Housing First und der Arbeit in der Wohnungslosenhilfe beziehungsweise in der Arbeit mit Menschen mit sozialen Schwierigkeiten vertraut sein.

4. Zur Vergabe der Wohnungen im Rahmen des Konzeptes Housing First soll mithilfe der Träger ein Kriterienkatalog erarbeitet werden, nach dem die zur Verfügung stehenden Wohnungen vergeben und an Menschen durch die Träger vermittelt werden.

5. Dem Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit wird das Konzept nach Fertigstellung spätestens bis zum IV. Quartal 2022 vorgestellt.

6. Für die geforderten Konzepte und Prüfungen bzw. für deren Umsetzung sind Finanzierungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Finanzielle Mittel für die Konzepterarbeitung und ggf. einen Modellversuch wie und 2. sind im Haushaltsplan zu berücksichtigen.

Begründung:
Die Wuppertaler Hilfe für Wohnungslose ist in vielen Bereichen gut strukturiert, vermeidet drohende Obdachlosigkeit oder baut diese ab. Housing First ist für Menschen entworfen, die ein hohes Ausmaß an Hilfe brauchen, um die Obdachlosigkeit hinter sich zu lassen. Das Konzept Housing First kann für verschiedene Personenkreise mit unterschiedlichen Schwerpunkten das geeignete Mittel zur langfristigen Vermeidung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit sein. Insofern ist Housing First ein weiterer (und kein ersetzender) Baustein im bestehenden Hilfesystem. Housing First stellt eine weitere mögliche Angebotsform dar, die den Fokus auf langzeitwohnungs- beziehungsweise obdachlose Menschen mit multiplen Problemlagen legt. Die bisher in anderen Ländern und Kommunen erprobten Modellprojekte beziehungsweise Umsetzungen haben sich dabei auf Betroffene mit schweren Problemen der psychischen Gesundheit, mit problematischem Drogen- und/oder Alkoholkonsum, schlechter körperlicher Gesundheit, chronischen Erkrankungen oder Behinderung fokussiert. Ziel dieser Projekte ist es, die Klientel direkt und niedrigschwellig (ohne Bedingungen wie beispielsweise Alkoholverzicht) in unbefristete Wohn- und Mietverhältnisse zu vermitteln, um über Wohnstabilität mittelfristig auch Gesundheit und Wohlbefinden sowie soziale Inklusion zu gewährleisten.
Die Umsetzung des Housing First Konzeptes soll auf bereits bestehende Angebote und Maßnahmen abgestimmt sein und diese in sinnvoller Weise ergänzen. Ziel ist, die Zahl wohnungsloser Menschen in Wuppertal durch das ergänzende Angebot zu reduzieren. Darüber hinaus sollte die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH Wuppertal (GMW) als kommunales Unternehmen und eine der größten Vermieter der Stadt aufgefordert werden, zu prüfen, ob Wohnraum für den Ansatz Housing First vorgesehen werden könnte. Neben der Bereitstellung geeigneten Wohnraums ist das erforderliche Angebot einer sozialen Betreuung wesentlich. Dies sollte über lokale Träger gewährleistet sein, die über Erfahrungen in der Wohnungslosenhilfe verfügen und mit entsprechendem Personal den besonderen Ansatz von Housing First umsetzen kann.

 

Mit freundlichen Grüßen

Michael Wessel, Sprecher im Sozialausschuss             Marcel Gabriel-Simon, Sprecher im Sozialausschuss
Lukas Twardowski, Sprecher im Sozialausschuss         Gérard Ulsmann, Sprecher im Sozialausschuss
Susanne Herhaus, Sprecherin im Sozialausschuss