Gesundheitsprogramm für eine umfassende Gesundheitsversorgung für Flüchtlinge und Asylsuchende auf den Weg bringen – Zugang zur medizinischen Regelversorgung schaffen und „Bremer Modell“ auch in Wuppertal umsetzen
Antrag an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit am 18.02.201, an den Integrationsrat am 24.02.2015, den Hauptausschuss am 04.03.2015 und den Rat der Stadt Wuppertal am 09.03.2015
Sehr geehrter Herr Wessel,
sehr geehrter Herr Lindh,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
trotz der guten Arbeitsansätze der Stadt bei der Versorgung von Flüchtlingen müssen auch in Wuppertal die Zugänge zur medizinischen Regelversorgung für Flüchtlinge und Asylbewerber*innen verbessert werden und deren Krankenbehandlung auf eine gesetzliche Krankenversicherung in Anlehnung an das „Bremer Modell“ übertragen werden.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragt daher, der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit, der Integrationsrat, der Hauptausschuss und der Rat der Stadt Wuppertal mögen folgenden Beschluss fassen:
1. Der Rat der Stadt Wuppertal appelliert an die Landesregierung, eine NRW Krankenkarte für Flüchtlinge kurzfristig umzusetzen und für deren Basisfinanzierung die Finanzmittel aus der Sonderzahlung des Bundes für 2015 und 2016 und die Mittel für Gesundheit aus dem NRW Flüchtlingsgipfel zu verwenden.
2. Sollte das Land nicht initiativ werden, wird die Verwaltung beauftragt, Verhandlungen mit den gesetzlichen Krankenkassen aufzunehmen, um eine entsprechende Vereinbarung auf Grundlage des § 264 Absatz 1 SGB V zu treffen.
3. Die Verwaltung wird darüber hinaus beauftragt, mit dem Landschaftsverband Rheinland in Verhandlungen einzutreten, um über die Angebote des LVR eine psychiatrische Versorgung der Flüchtlinge und Asylsuchenden sicher zu stellen bzw. zu erleichtern.
Begründung:
Leistungsberechtigte nach § 2 AsylbLG, also Personen, die länger als 48 Monate (ab 01.3.2015 15 Monate) in Deutschland und im Leistungsbezug sind, können bereits jetzt mit der Chip-Karte einer gesetzlichen Krankenkasse nach Wahl Ärzt*innen ihrer Wahl aufsuchen. Für alle anderen Flüchtlinge ist das AsylbLG gerade bezogen auf die gesundheitliche Versorgung problematisch. Zum einen ist der Zugang zum Gesundheitssystem durch die Beantragung der medizinischen Leistungen beim Sozialamt erschwert, was für die betroffenen Personengruppen eine Diskriminierung bedeutet. Zum anderen bedeutet dieses Vorgehen einen erheblichen Verwaltungsaufwand.
Gemäß § 264 Abs. 1 SGB V (Übernahme der Krankenbehandlung für nicht Versicherungspflichtige gegen Kostenerstattung) können bereits jetzt die kreisfreien Städte und Kreise die Krankenbehandlung für Flüchtlinge, Asylbewerber*innen und Geduldete auf die Krankenkassen übertragen.
Durch die Ausstattung mit KV-Karten könnten Flüchtlinge und Asylsuchende ihre Versorgung über eine Versichertenkarte die Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen, ohne in jedem Fall eine Bewilligung der zuständigen Dienststellen einholen zu müssen. Dies bedeutet einen gleichberechtigten Zugang zu gesundheitlichen Leistungen bei Ärzt*innen, in Krankenhäusern und bei sonstigen Leistungserbringer*innen, wie bei den anderen Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung auch.
Die Erfahrungen aus Bremen zeigen, dass sich durch das Projekt in erheblichen Umfang administrative Kosten einsparen lassen (z.B. bei der Abrechnungsstelle, der Administration der Krankenhilfe nach AsylbLG oder entsprechende Amtsarztkosten). So hat auch nach den Erfahrungen der AOK in Bremen und Hamburg (die dort die Versicherung dieses Personenkreises übernommen hat) die Ablösung der speziellen Genehmigungspflicht von Leistungen der Krankenbehandlung durch den ÖGD weder zur Beeinträchtigung der Versorgungsqualität noch zu Kostensteigerungen geführt.
NRW Krankenkarte hat Vorrang
Mit dem Appell an die Landesregierung soll erreicht werden, dass mit NRW nach Bremen und Hamburg das dritte Bundesland eine Gesundheitsversorgung über die Chip Karte sicherstellt.
Bei einer landesweiten Regelung würden neben der besseren Gesundheitsversorgung für Flüchtlinge eine Solidargemeinschaft im ganzen Land hergestellt, da hohe Krankenkosten von schwer erkrankten Flüchtlingen nicht mehr nach dem Zufall der Zuweisung auf einzelne Städte entfallen. Darüber hinaus könnten die 109 Mio. Euro Bundesmittel, die gemäß Einigung im Vermittlungsausschuss auf NRW entfallen werden, plus den 3 Mio. Euro aus dem gesundheitlichen Härtefallfond des Landes ein wesentlicher Kostenbeitrag zur Finanzierung der Krankenversicherung für Flüchtlinge sein und alle Städte würden damit nicht nur im Verwaltungsaufwand sondern auch finanziell deutlich entlastet.
Psychiatrische Versorgung muss gewährleistet sein
Viele Flüchtlinge haben in ihren Herkunftsländern oder auf der Flucht erhebliche traumatische Erfahrungen gemacht, die einer psychiatrischen Behandlung bedürfen (40% dieser Personengruppe leiden an einer posttraumatischen Belastungsstörung). Diese muss für die betroffenen Personen ebenso wie die übrige Gesundheitsversorgung leicht und diskriminierungsfrei zu erreichen sein. Der LVR hat mit einem Beschluss des Landschaftsausschusses vom 17.12.2014 ein weitreichendes Angebot für Flüchtlinge gemacht, zu dem auch die psychiatrische Versorgung in LVR-Kliniken gehört. Dazu ein Zitat aus einer begleitenden Pressemitteilung: „Der LVR sieht sich in der Verantwortung, die rheinischen Kommunen zu unterstützen. In Frage kommen hierzu insbesondere Immobilien- und Therapieangebote unserer psychiatrischen Kliniken.“ Dieses Angebot sollte auch die Stadt Wuppertal nutzen, um die Situation der hier lebenden Flüchtlinge weiter zu verbessern.
Mit freundlichen Grüßen
Ilona Schäfer Marc Schulz
Stadtverordnete Fraktionsvorsitzender