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Beratungen zum Kinderbildungsgesetz NRW „KiBiz“

23. August 2007

„Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN beantragt, die Mitglieder des Hauptausschusses und des Rates der Stadt Wuppertal mögen folgende Resolution beschließen:

Kinder sind unsere Zukunft. Jedes Kind hat das Recht auf bestmögliche Förderung und Entwicklung in der Gemeinschaft, die es befähigt, das eigene Leben mit guten Startvoraussetzungen selbstverantwortlich zu meistern.

Die Stadt Wuppertal stellt sich dieser Aufgabe der Förderung von Kindern und unterstützt Eltern nach Kräften bei der oft schwierigen Aufgabe der Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern. Die wachsenden Anforderungen gerade auch an die frühkindliche Bildung und Betreuung machen ein zusätzliches finanzielles Engagement des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen erforderlich. Dies gilt insbesondere für ein besseres Angebot an Betreuungsplätzen für Kinder unter 3 Jahren. Denn trotz all unserer Bemühungen kann der Bedarf noch immer nicht gedeckt werden.

Wesentliche Rahmenbedingungen für die Förderung von Kindern werden durch das nordrhein-westfälische Kindergartengesetz gesetzt. Der Rat der Stadt Wuppertal begrüßt grundsätzlich die Absicht, ein neues Kinderbildungsgesetz zu entwickeln, das den heutigen Anforderungen an die Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern besser gerecht als der bisherige gesetzliche Rahmen.
Das Familienministerium, die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, die Kommunalen Spitzenverbände und die Kirchen haben in einjähriger Arbeit ein Konsenspapier zur Gestaltung des neuen Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) erstellt und im Februar öffentlich gemacht. Leider fanden die erarbeiteten Eckpunkte jedoch nicht vollständig Eingang in den Gesetzentwurf, der gegenwärtig vom Landtag NRW beraten wird. Deswegen hat die Landesarbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege diesen Konsens inzwischen aufgekündigt.

Inzwischen haben viele Verbände von Erzieherinnen, Elternvertretungen, Familienverbände und nicht zuletzt die Einrichtungsträger erhebliche Bedenken gegen den Gesetzentwurf, der im Juni 2007 in den Landtag eingebracht wurde. Es muss festgestellt werden, dass auch aus unserer städtischen Sicht erheblicher Nachbesserungsbedarf besteht.
Deswegen fordert der Rat der Stadt Wuppertal den Landtag auf, den Entwurf zum „Kinderbildungsgesetz“ (KiBiz-NRW) in seiner bisherigen Form nicht anzunehmen und zumindest in den folgenden Punkten zu überarbeiten:

1. Die künftigen Finanzierungsgrundlagen müssen von realen Zahlen ausgehen. Ein Elternbeitragsaufkommen von 19% der Gesamtkosten, das Grundlage der Berechnung für die Zuschüsse ist, wird nicht erzielt. Im Landesdurchschnitt beträgt das Elternbeitragsaufkommen etwa 13 – 14%. Auf dieser Basis muss die Gesamtfinanzierung gestaltet werden.

2. Das Land darf seine finanzielle Beteiligung an Ganztagsangeboten nicht deckeln. Sollte das Land sich “ wie geplant “ nur an einer Finanzierung beteiligen, wenn ein Anteil von 25% Ganztagsplätzen an der Gesamtplatzzahl unterschritten wird, ist eine bedarfsgerechte Entwicklung nicht gewährleistet. Das Land muss sich auch an Betreuungsangeboten finanziell beteiligen, die über die vorgesehenen max. 45 Stunden hinausgehen. (je nach örtlichem Angebot: Bereits heute bieten viele Einrichtungen 50 Wochenstunden und mehr an.)

3. Um Benachteiligungen von Kindern, die in finanzschwachen Kommunen leben, zu vermeiden, bedarf es landeseinheitlicher Standards bei der Betreuungsqualität. Deswegen ist vor allem eine Festlegung von maximalen Gruppengrößen und einer definierten Relation von Kinderzahl zu Erzieher/Erzieherin notwendig.

4. Die Kommunalen Spitzenverbände haben 2006 gemeinsam das Modell einer Gruppenpauschale entwickelt, die auch Gegenstand einer Konsensvereinbarung zwischen Land, Trägern und Kommunen vom Februar 2007 war. Die Gruppenpauschale war mit definierten Standards im Sinne von Punkt 3 hinterlegt, die allerdings gegenüber dem Ist-Zustand bereits eine Verschlechterung darstellen, gerade in der U 3 Betreuung. Der Rat fordert den Landtag auf, zum Konsens zurückzukehren, die im Gesetzentwurf vorgesehene Kopfpauschale abzulehnen und den Betreuungsstandard bei der U 3 Betreuung (Kleine altersgemischte Gruppe) zu halten.

5. Der Rat der Stadt Wuppertal begrüßt die Bemühungen von Unternehmen, für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Betriebskindergärten einzurichten und zu unterhalten. Die Familien können sich auch tagsüber am Arbeitsplatz sehen und Pausen miteinander verbringen. Dies fördert den Familienzusammenhalt, das Engagement im Betrieb und kann nicht zuletzt auch zu einem verbesserten Angebot an Betreuungsplätzen für Kinder unter 3 Jahren führen. Deswegen ist der Landtag aufgefordert, weiterhin öffentliche Zuschüsse für betrieblich genutzte Kindergartenplätze (§ 20 des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder) vorzusehen.

6. Elternräte sind ein wichtiges Gestaltungselement bei der institutionalisierten Kinderbetreuung. Elternräten müssen auch zukünftig die bisherigen Mitsprache- und Mitentscheidungsrechte eingeräumt werden, wie dies im Kinder- und Jugendhilfegesetz (§ 22a, Absatz 2, letzter Satz) auch vorgesehen ist.

Der Oberbürgermeister wird gebeten, diesen Beschluss dem Landtag Nordrhein-Westfalen zu übermitteln und über die Gremien der Kommunalen Spitzenverbände auf die notwendigen Änderungen hinzuwirken.

Mit freundlichem Gruß

Paul Yves Ramette
Stadtverordneter

Gerta Siller
Fraktionssprecherin