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Ausbildende Betriebe bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bevorzugen

25. Januar 2007

Sehr geehrter Herr Hardt,
sehr geehrter Herr Pongé,
sehr geehrter Herr Oberbügermeister,

die Fraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Rat der Stadt Wuppertal beantragt, der Ausschuss für Wirtschaft und Stadtentwicklung, der Ausschuss Zentrale Dienste, der Hauptausschuss und der Rat mögen beschließen:

1. Die Stadtverwaltung Wuppertal vergibt im Rahmen öffentlicher, beschränkter oder freihändiger Vergaben Aufträge nur noch an Firmen, die Jugendliche und jungen Erwachsene ausbilden.

2. Die Auftrag nehmenden Firmen weisen der Stadtverwaltung Wuppertal bereits mit Abgabe ihrer Unterlagen als Bieter selbstständig und unaufgefordert nach, dass sie Jugendliche und jungen Erwachsene ausbilden.

3. Die Stadtverwaltung Wuppertal berichtet dem Ausschuss für Wirtschaft und Stadtentwicklung einmal jährlich, wie viele Ausbildungsplätze durch diese Vergabepraxis zusätzlich geschaffen werden konnten.

Begründung:
Die andauernde Jugendarbeitslosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland ist ein gesellschaftspolitischer Skandal, dem die Politik aus der Rolle des Krisenmanagers bisher nicht adäquat begegnen konnte, denn nicht die Politik, sondern die Unternehmen schaffen Arbeits- und Ausbildungsplätze. Viele kleine und mittelständische Unternehmen gehen hier zusammen mit unserer Wirtschaftförderung im bergischen Land neue und vorbildliche Wege im Verbund. Dennoch ist auch bei uns ein deutlicher Mangel an Ausbildungsplätzen alljährlich festzustellen, der auch appellativ durch das Einsammeln einzelner Ausbildungsplätze bisher nicht behoben werden konnte. Insgesamt ist aus der Sicht der Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Situation dramatisch.

Die Diskussion über eine Ausbildungsplatzabgabe für den Fall, dass ein Unternehmen nicht ausbildet, kann nur der letzte Schritt sein, für mehr Ausbildungsplätze einzutreten. Vorher ist darüber nachzudenken, ob heute noch das duale System der Ausbildung den Bedarfen am Arbeitsmarkt und den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Auszubildenden entspricht. Diese Debatte ist aber eine bundes- und landespolitische Debatte. Kommunal ist der Handlungsrahmen für die Politik und für die Unternehmen deutlich enger.

In ihrer Antwort „Vergaberecht und Schutz von Gemeinwohl“ vom 21.12.2006 (VO/1179/06/1-A) bestätigte die Verwaltung, dass laut Beschluss des Bundesverfassungsgericht vom 11. Juli 2006 – 1 BvL 4/00 – Ausschreibungen an Bedingungen geknüpft werden können, die dem Schutz wichtiger Gemeinwohlbelange dienen. Zudem ist die Bevorzugung ausbildender Betriebe bei der Vergabe öffentlicher Aufträge durch die Umsetzung der EU-Vergaberichtlinie aus dem Jahr 2004 gedeckt.

Während CDU-Bundestagsabgeordnete die Bevorzugung ausbildender Betriebe von den Kommunen einfordern, will die Bundesregierung jedoch nicht tätig werden. Die Bundesregierung legt das zugrunde liegende europäische Recht dabei ganz eng aus, obwohl die entsprechende Richtlinie die Berücksichtigung sog. Sekundärzwecke ausdrücklich zulässt und sich an einem gemeinwohlorientierten Begriff des wirtschaftlichsten Angebots orientiert. Wir halten es mit Blick auf das grundgesetzliche Sozialstaatsgebotes für angemessen und mit Blick auf die Jugendlichen für dringend notwendig, dass bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen die Ausbildungsleistung von Betrieben als Auswahlkriterium in den Blick genommen wird.

Mit freundlichen Grüßen

Lorenz Bahr
Stadtverordneter

Marc Schulz
Stadtverordneter